Willkommen | | Fakten | Fremder! Willkommen, willkommen hier bei uns. Trete ein und erzähl - bist du Engel, Dämon, Mensch? Wir müssen es wissen! Wozu, wunderst du dich? Lass dir raten, sei klug und sprich mit Mut. Einzig Wahrheit ist gesucht. | | x Eröffnung: 10.03.2019 x Rating: 14+ x Mindestpostinglänge: 500 Zeichen x Animebezogenes Fantasy-RP x Orts- u. Szenentrennung | Quiklinks | | Online | | | Benutzer, die momentan in diesem Forum sind: Keine
|
|
| | |
---|
Salem Kovazh
| Thema: Der Wolf und das Reh 16.04.19 17:25 | |
| Der Wolf und das Reh
Salem ist ein ausgemachter Einzelgänger, der mit seinen Hunden ein friedliches Leben im Wald führt. Hin und wieder fährt er in die Städte, um Besorgungen zu machen. Dieses Mal allerdings wird es sein Leben auf den Kopf stellen.
Zeit: 15.03., 15:30 Uhr Ort: Beginnend im Schattendistrikt, übergehend zum Lebenswald im Lichtdistrikt Teilnehmer: Carney & Salem
|
|
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 16.04.19 20:53 | |
| Salem ging im Kopf noch mal durch, was er alles hatte einkaufen wollen. Viel war es nicht gewesen, hauptsächlich ein paar Werkzeuge, die ihm kaputt gegangen waren, ein wenig Hundefutter, da ihm einige Waschbären in die Speisekammern eingebrochen waren... er hatte ein paar Felle gegen Benzin, Öl und einiges für den Garten getauscht. Im Prinzip war damit alles besorgt und er konnte zurück fahren. Es war ein kühler, aber sonniger Wintertag, den wollte er noch nutzen, ein paar Dinge am Haus zu erledigen. Bald würde auch die Brut- und Setzzeit wieder beginnen, er musste noch sicherstellen, dass die Krippen gefüllt waren, auch wenn jetzt die ersten Gräser wieder wuchsen, es war besonders nachts noch bitterkalt und Salem wollte verhindern, dass die Tiere nun doch noch eingingen, nachdem er sie mit Anstrengung durch den Winter gebracht hatte. Als er gerade alles in seinen Jeep lud, schnüffelte einer seiner Hunde, einer der Iren, aufgeregt am Boden herum. Die anderen aus dem Rudel taten es ihm bald gleich und bellten schließlich. Salem merkte auf und merkte gerade noch, wie der Ire in eine Seitengasse rannte und dort weiter bellte, die beiden Neufundländer und den zweiten Irischen Wolfshund im Schlepptau. "Was zum..." Salem ging ihnen nach, vermutete noch eine Katze oder irgendein anderes Tier, auch wenn das höchst ungewöhnlich für seine sonst eher braven Hunde war. Doch was er da in der Gasse zusammen gekauert auf einem Haufen alter Zeitungen und Pappe vorfand hätte er sich nie träumen lassen. Sofort schob er die großen Hunde auseinander und hockte sich neben die dürre und von Wunden übersäte Gestalt, die wohl offensichtlich ein Mensch war. Salem streckte die Hand aus und rüttelte den jungen Mann an der Schulter. "Hey. Hey! Können Sie mich hören??" Keine Chance... Der Kerl rührte sich nicht und Salem war sich ziemlich sicher, dass er nicht lange zu leben hatte, wenn man sich nicht um ihn kümmerte. Erinnerungen kamen auf, von dem Tag, als Kovazh ihn am Strand gefunden hatte. Halb verhungert, erschöpft, verwundet... Und ohne weiter zu Zögern nahm den Verletzten sanft auf die Arme, prüfte, ob er noch atmete und sein Herz noch schlug. Ein Glück, er lebte. Jetzt galt es, keine Zeit zu verlieren. Von Krankenhäusern hielt Salem nicht viel und wenn sich jemand in einer dunklen Seitengasse im Schattendistrikt zusammen kauerte, obwohl er so schwer verletzt und offensichtlich unterernährt war, ging es demjenigen wohl genauso. Sonst hätte er gleich ein Krankenhaus aufgesucht. Das nächste, was Salem dazu veranlasste, den Knaben hinten im Jeep zwischen die großen, weichen und warmen Hunde zu platzieren, waren die Verletzungen selbst. Er kannte einige von ihnen nur allzu gut... und so stellte er noch sicher, dass die Hunde den fremden Jungen warm und sicher zwischen sich hatten, wobei sich einer der Neuseeländer-Mixe schon unter dessen Kopf legte und der irische Wolfshund, der zuerst angeschlagen hatte, ihm über die Wange leckte. Das würde hier hinten schon gut gehen. Dann stieg der Werwolf vorn ein, startete den Wagen und fuhr zurück zu seinem Wald. Auf der Straße sah er immer mal wieder nach hinten zu dem Jungen, den er aufgelesen hatte. Zumindest verschlechterte sich sein Zustand nicht und die Hunde kümmerten sich rührend um ihn. Es dauerte dennoch eine Weile, bis sie an dem kleinen Haus angekommen waren, dass Salem sein Eigen nannte. Er stellte den Jeep ab, öffnete die Türen und hob den Burschen auf seine Arme, die Hunde im Schlepptau, um ihn in die Hütte zu tragen. Der Rest seines Rudels kam ihm durch die offene Tür und aus dem Wald heraus entgegen gerannt, schnupperte an dem Fremden und begleitete die beiden bis zu Salems Bett, wo er den Unbekannten ablegte und wieder Atmung und Puls überprüfte. Bewusstsein hatte er ja anscheinend keines, aber er war am Leben. Und zunächst mussten seine Wunden versorgt werden. Salem brachte also zunächst das Feuer im Kamin in Gang und holte vom Brunnen draußen Wasser, um es im Kessel warm zu machen. Dann kramte er seine kleine Hausapotheke hervor, die hauptsächlich aus Kräutern und einigen wenigen, bewährten alten Medikamenten bestand. Vorsichtig zog er dem dürren Menschen die wenigen Fetzen, die man Kleidung nennen konnte, vom Leib, um mit dem warmen Wasser und einem ausgekochten sauberen Tuch die Verletzungen zu säubern. Vorsichtig betupfte er sie zur Desinfektion mit Alkohol und verband die schlimmsten Wunden, wobei der Oberkörper seines Schützlings bald völlig Verbunden war. Mit den Beinen war es ähnlich und auch bestimmte Regionen... Salem musste schlucken und nur all zu lebhaft blitzten Erinnerungen an alte Zeiten auf... Doch jetzt galt es, den Jungen am Leben zu erhalten. Nichts anderes und daher schob der Werwolf alle Erinnerungen beiseite und versorgte weiter die Wunden des Jungen. Als er fertig war, dachte er noch daran, dass er bald Verbandsmaterial besorgen musste... Mit dem restlichen Wasser im Kessel kochte er einen Sud aus diversen Kräutern auf, die er dem Burschen später einflößen würde. Wenn der Knabe denn aufwachte... Salem fühlte dessen Stirn, er schien zu fiebern... Aber der Rest seines Körpers war eiskalt. Und so kramte der Wildhüter in seiner Kleiderkiste, zog zwei Wollpullis hervor und zwei ältere Hosen, die er dem Kleinen über zog. Er musste ihm allerdings wohl auf Dauer etwas neues anfertigen... Wahrscheinlich würde er stricken. Aber erstmal musste er den Knaben durchbringen und deckte ihn zuerst mit einer Wolldecke zu, bevor er die große Daunendecke über ihm ausbreitete. Die Hunde wichen nicht von der Seite des Neuankömmlings, legten sich neben das Bett und stupsten ihn immer wieder mit der Nase an. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 16.04.19 21:33 | |
| Zwischen Leichen war er aufgewacht und von da an war er gerannt. Gerannt so schnell ihn seine schwachen Beine trugen. So weit, wie es seine angeschlagenen Lungen vermochten und sein wild pochendes Herz nicht aus dem Takt geriet. Er hatte es eine ganze Strecke weit geschafft, im Schutze der Nacht. War durch leere Gassen gehetzt, nicht wissend wohin, Hauptsache weg,weg weg. Weg von seinen Peinigern, die ihn so lange gefangen hielten und gefoltert hatten. Aber irgendwann kam der Zeitpunkt, zu dem das Adrenalin langsam verrauschte, er langsamer wurde, er langsam all der Schmerzen gewahr wurde. Seine Rippen stachen und jeder Atemzug war Feuer in seinen Lungen. Er hustete, rang nach Atem und fiel auf die zitternden Knie, als seine Beine ihn nicht länger aufrecht tragen wollten. Er wusste nicht wo er war und ehrlich gesagt war es ihm auch herzlich egal. Das einzige, das zählte , war, dass er nicht mehr in dieser Hölle gefangen war und nun...sterben konnte. Es machte sich keine Illusionen, er würde es nicht mehr lange packen, er war zu schwach, von Hunger und zu vielen Wunden gezeichnet und er kauerte sich nur noch kraftlos und zitternd zusammen, schloss die Augen und...gab sich auf. Er kämpfte nicht weiter gegen die Kälte, die Angst, die...Schwärze, die ihn langsam holte und in eine erlösende Ohnmacht zog. Als die Hunde ihn fanden wäre es wahrlich nicht mehr lange hin mit ihm gewesen, durch die kalte Nacht oben drein völlig ausgekühlt. Er bekam nichts davon mit, wie man ihn ansprach, dann auf die Arme nahm und in den Wagen packte. Er behielt seinen Zustand bei, auch als er ins warme Haus kam, in ein Bett gepackt wurde und man sich so sorgsam und bedacht um seine Wunden kümmerte und von denen gab es viele. Schnitte, Verbrennungen, Prellungen, zahlreiche Hämatome, an einer Stelle an der Innenseite des rechten Oberschenkels schien man ihm auch sorgfältig ein etwa Handtellergroßes Stück Haut abgezogen zu haben, durch das Rennen hatte sich diese und auch viele anderen Wunden an den Beinen völlig aufgerieben und war noch schlimmer geworden. Der Brustkorb wiederum glich auf der rechten Seite einem einzigen großen Bluterguss und die gebrochenen Rippen waren bei dem mageren Leib unschwer zu erkennen.Narben, alt und neu waren gleichermaßen überall zu finden und...vieles weiteres, aber die Liste wäre zu lang, um sie hier aufzuführen.
Es mochte noch der komplette Tag vergehen und auch ein Großteil der darauffolgenden Nacht, bis der junge Bursche zum ersten mal irgendein Lebenszeichen von sich gab und wenn es zunächst nur im Zucken seiner Finger äußerte und rund eine Stunde später entwich ihm ein schmerzerfülltes Stöhnen und Wimmern, als er langsam zurück zu sich fand. Warum...tat ihm nur alles so weh? Sollte man im Tod nicht eigentlich keine Schmerzen mehr haben? Aber...es war alles noch da...wenn auch wenig besser als das letzte mal, als er sich noch erinnern konnte. Langsam blinzelte er, auch wenn er zunächst noch nicht viel von seiner Umgebung wahr nahm. Es war dunkel und irgendwo am Rande seines Sichtfeldes flackerte ein warmes Licht. Der Untergrund war....weich und auf ihm...lag etwas. Auf ihm lag etwas! In plötzlicher Panik begann er um sich zu treten und zu schlagen, wollte dieses was auch immer, das da auf ihm lag von sich herunter bekommen – sein Verstand war noch nicht klar genug, um zu begreifen, dass es Decken waren – und verhedderte sich bei diesem Versuch nur noch mehr in eben diesen Decken, was die Panik nur noch mehr in die Höhe trieb. Er schrie und schluchzte und trat noch mehr. „Weg...weg...weg..“, krächzte er heiser dazwischen. Sie...sie hielten ihn schon wieder fest. Nahmen ihm jede Bewegungsfreiheit, engten ihn ein, trieben ihn in die Ecke, bis er sich nicht mehr wehren konnte und dann...und dann...wer wusste, was dann wieder kam. Ein Herz raste erneut und seine Atmung wurde viel zu schnell. Zu kurz und abgehackt die einen Atemzüge und....er bekam keine Luft mehr. Er bekam nicht mehr genug Luft in die brennenden Lungen und gleichzeitig wollte er gar nicht mehr weiter atmen, es tat doch so weh, aber ersticken, davor hatte er noch mehr Angst. Wimmert hielt er still, als ihm der Körper zu sehr zu schmerzen begann. Die Beine waren schlimm und der linke Arm – stimmt ja, sie hatten ihn vor drei Wochen gebrochen und verheilt war der Knochen noch nicht ganz. Er schloss die Augen, noch immer zwischen den hektischen Atemzügen schluchzend. Er wollte nicht wissen, wann sie kamen, wann sie ihm wieder etwas taten...wollte nicht sehen und erahnen, was es sein würde..Das Blut rauschte ihm so laut in den Ohren, er hörte nichts anderes mehr...nicht das Knistern des Feuers, noch die leisen Winsellaute der Hunde, die sich zwar in Sicherheit gebracht hatten, aber versuchten, ihn zu beruhigen. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.04.19 15:42 | |
| Salem hatte die Nacht zwischen seinen Hunden verbracht, auf einem großen Haufen sauberen Stroh und einigen Decken. Zwischendurch war er immer wieder aufgestanden, hatte dem bewusstlosen Jungen Wasser und Kräutersud eingeflößt, hatte gehofft, dass sein Fieber sinken würde. Die Verletzungen waren schwer, besonders der alte Bruch am linken Arm würde ich noch eine Weile zu schaffen machen. Er war einigermaßen verheilt, zumindest in den Ansätzen zusammen gewachsen und Salem hatte die entsprechende Stelle mit Stützverband gesichert... aber mit jeder verstrichenen Stunde, die der Knabe noch immer nicht aufwachte, schwanden Salems Hoffnungen, dass er überhaupt wach wurde. Sicher, er hatte damals auch Tage und Stunden mehr tot als lebendig im Bett gelegen aber... im Vergleich zu dem dünnen Unbekannten war er kräftig, gut genährt und stabil gewesen. Der Fremde in seinem Bett war krank, hatte wohl seit Jahren nicht anständig gegessen und der Blutverlust hatte ihn sehr geschwächt. Als die Sonne langsam über den Horizont kroch, war Salem für einen Augenblick nach draußen gegangen, um Holz und Wasser zu holen und sich zu überlegen, was er noch tun könnte, ohne einen Arzt zu holen. Es hatte noch mal begonnen zu schneien, kein Arzt würde hier raus fahren. Er würde mindestens zwei Stunden brauchen, um mit dem Jeep bis nach Heavens Bay und wieder zurück zu fahren. Und dann musste er auch noch einen Arzt auftreiben, der ihm helfen konnte. Mit dem uralten Funkgerät brauchte er sich nicht abmühen. Es gab einige andere Jäger, die ihm bei der Verwaltung mit der Stadt halfen, die noch auf der Frequenz empfingen. Aber die würden jetzt noch nicht erreichbar sein. Er könnte eine kräftige Fleischbrühe kochen, die könnte den Burschen etwas auf die Beine bringen. Er nickte zu sich selbst, nahm die Holzscheite unter einen Arm und mit der anderen Hand nahm er den Wassereimer auf, bevor er zurück zum Haus ging.
Innen hatten die Hunde sich sofort zurück gezogen, als der Fremde im Bett zu krächzen und zu strampeln begonnen hatte. Einige waren zur Tür gelaufen und hatten gebellt, andere winselten. Der Irische Wolfshund, der Carney in der Gasse gefunden hatte, ging nach den ersten Schrecksekunden wieder auf das Bett zu, mit langem Hals und die Nase vorgestreckt. Er war sich nicht ganz sicher, was er tun sollte, wuffte einmal leise, als der Kerl immer noch strampelte... doch als Carney dann nur noch schluchzte und fast erstickte, überwand der große graue Hund seine Scheu und trat ans Bett, um ihm die Schnauze unter die Hand zu schieben und leise zu fiepen.
Ein paar Schritte vor dem Haus hörte Salem seine Hunde bellen. Wegen des anhaltenden Windes hatte er sie nicht eher wahrgenommen und trat schließlich durch die Tür, wo sich bereits ein halbes Dutzend Neufundländer-Mischlinge an ihn drängten und nervös tippelten. Der Wildhüter stellte Holz und Eimer neben dem Kamin ab und sah zu dem Bett, wo bereits einer der Iren stand und anscheinend seinen Überraschungsgast zu beruhigen schien. Salem hängte seinen dicken Mantel an den Haken und es brauchte nur wenige Schritte, bis er vor dem Bett stand und zuerst den Hund tätschelte, bevor er sich dem wimmernden Jungen zu wandte. Tatsächlich schien er wach, aber aufgeregt... "Shhhhh" Der Wildhüter befreite den panisch keuchenden Jungen zunächst von den Decken, in die er sich verheddert hatte. "Keine Angst, dir tut niemand was" Nicht mehr, musste man wohl eher sagen. "Ganz ruhig, Kleiner, du bist in Sicherheit. Ruhig atmen. Ein, aus, ein, aus...", raunte Salem leise und mit einem sanften Tonfall, dem man diesem Riesen nicht zutrauen wollte. Sein Wolfshund leckte dem Fremden über die Hand und schnüffelte leise. "Du bist noch verletzt und schwach, beruhige dich, sonst reißen deine Wunden und Narben auf" Ironischerweise hatte Kovazh fast genau dieselben Worte benutzt... Und auch Salem war panisch gewesen, allerdings wesentlich aggressiver... Bei dem Jungen musste man sich eher Sorgen machen, dass er sich selbst was tat. Salem schlug die Decken ein wenig zurück, um zu sehen, ob die Verbände verrutscht waren. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.04.19 16:58 | |
| Da...da war etwas an seiner Hand. Irgendwas war da an seiner Hand! Im ersten Moment trug es recht wenig zu seiner Beruhigung bei, erst als der erwartete Schmerz ausblieb, realisierte er nach und nach, dass es sich irgendwie weich anfühlte, wie-....Fell. Ja, da war Fell unter seinen Fingern und etwas...feuchtes. Eine kalte...Hundenase! Hunde? Irgendwo am Rande seines Bewusstseins drang das Fiepen und Bellen zu ihm durch, aber noch nicht weit genug, um ihn wirklich aus seiner Angst zu holen. Stattdessen verkrampfte er sich und ihm gingen die schlimmsten Szenarien durch den Kopf. Wollten sie ihn jetzt an die Hunde verfüttern oder...anderes....woran er noch weniger denken wollte, als von Hunden zerfleischt zu werden,. Warum sonst sollten sie plötzlich Hunde hier her bringen? Er wimmerte noch mehr als zuvor und lag einfach nur am ganzen Körper zitternd da. Vor Angst, aber auch weil er fror, trotz der Decken und des Feuers im Kamin, aber hauptsächlich war es im Augenblick tatsächlich die blanke Panik. Und dann...dann senkte der Untergrund plötzlich an einer Stelle, er spürte, wie man das, was auch immer auf ihm lag, langsam von ihm herunter nahm. Er sich plötzlich wieder bewegen konnte. Oh, welch schlimmer Fehler, hätten ihn lieber Bewegungslos lassen sollen! Die neu gewonnene Bewegungsfreiheit nutzte der noch immer panische junge Mann nämlich augenblicklich dafür, wieder wie ein Berserker um sich zu schlagen und zu treten , so viel wie er konnte und so kräftig, wie es seine letzten verbliebenen Reserven zu ließen. „Nein, nein nein!“ schrie er, die Augen endlich aufreißend und für einen Moment blieb sein Blick an dem Hünen hängen, der neben ihm saß. Oh Himmel, in dem Moment war Salem, groß und kräftig wie er war, der wahr gewordene Albtraum Carneys und er begann umso panischer zu Schreien und trat, einfach nur von einer tiefen Angst erfüllt. Angst davor, dass man ihn packen und festhalten würde, dass man ihm wieder was antat und Carney wusste, dass er gegen diesen fremden Mann keinerlei Chance haben würde. Der...der würde ihm doch einfach nur mit einem Griff seiner riesigen Pranken das Genick brechen! Also rückte er weg, so gut er mit all den Verletzungen konnte. Es schmerzte, sein ganzer Körper schmerzte und bei seinem Toben war es sicherlich geschehen, dass die tieferen Wunden wieder aufgerissen waren. Die eigentlich beruhigenden Worte, die Salem äußerte, drangen kaum zu ihm durch. Er hörte ihm über all der Panik überhaupt nicht zu. Immerhin, was interessierte es ihn, was diese Menschen ihm sagten? Sollte er etwa zuhören, wenn sie ihm beschrieben, was sie mit ihm vor hatten? Wenn sie ihn spotteten? Ihm Dinge erzählten, die ihm schon beim Zuhören das Blut in den Adern zu Eis gefrieren ließ? Nein, er hatte es sich lange zuvor abgewöhnt, überhaupt noch genau hinzuhören. Besser war es gewesen. „Nein...nein...nicht schon wieder....nicht wieder....bitte...ich...ich mach alles...aber...nicht wieder....bitte...“ krächzte er heiser, schluchzte erneut auf, rang noch immer in viel zu schnellen kurzen Japsern nach Luft, als er sich ans andere Ende des Bettes geflüchtet hatte und sich dort nun zitternd zusammenkauerte, sich zu einem Ball zusammenrollte, die Beine dicht an die Brust und die Arme schützend über den Kopf und über den Bauch legt. Ihm....war schwindelig, so unheimlich schwindelig. Er schien sich auf dem Boden zu drehen und dann wieder zu kippen und langsam spürte er, wie seine Hände und Beine anfingen sich zu verkrampfen und das alles sich immer weiter ausbreitete. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.04.19 18:47 | |
| Solche Angst hatte Salem zuletzt vor hunderten von Jahren gesehen, als er noch mit den anderen Jungen in den Boxen gesessen hatte. Als noch niemand gewusst hatte, was mit ihnen geschehen würde. Als man sie aus dem Verschlägen gezerrt, geprügelt und zum Kampf gezwungen hatte. Salem war ein gehorsamer Gladiator gewesen, hatte gekämpft, gewonnen, Geld in die Kassen gespült. Er hatte eine einzelne, vergleichsweise gemütliche Zelle bekommen, weg von den anderen, die er förmlich begonnen hatte zu zerfleischen, weil sie an sein Futter wollten. Aber die Angst in ihren Augen, die hatte er nie vergessen. Der Unbekannte hier war fast genauso ängstlich, verfiel regelrecht in einen Panik rausch, schlug um sich und schrie, dass seine Hunde sich ängstlich an die Wand drückten und bellten. Allerdings regte das den Verletzten nur weiter auf... und Salem rutschte vom Bett, blieb allerdings in der Hocke, als er ein wenig Abstand nahm. Wenn er den Kleineren jetzt angefasst hätte, hätte der vermutlich einen Herzinfarkt bekommen. Mit ruhigen Bewegungen wich er ein wenig zurück, den Iren dabei am Halsband mit ziehen. "Jerry, zurück. Geh auf deinen Platz. Alle, los, ab auf den Platz. Down, down!" Salem wurde nicht laut, aber die Hunde verstanden ihn auch so. Sie legten sich auf die Fellteppiche im Raum und spitzten die Ohren. Nachdem Salem die Hunde beruhigt hatte, sah er voller Sorge zu dem krampfenden und zitternden Jungen. Wie bekam er den nur ruhig? Und vor allem, wie hielt er ihn warm und davon ab, noch mehr zu zappeln? Vielleicht sollte er zunächst etwas Licht machen. Ja, das war doch keine schlechte Idee. Salem genügte das Kaminfeuer, aber er kannte seine Hütte auch in- und auswendig. Für den Kleinen war das ja alles Fremd. Salem rutschte also noch etwas zurück und stand dann auf, um einige Lampen heraus zu kramen. Die Petroleumleuchten waren noch gut in Schuss und nachdem Salem bei einigen noch Öl nachgefüllt hatte, zündete er sie an und hängte sie vorsichtig an der Decke auf. Sofort wurde es heller im Raum und mit einer Lampe kam er ans Bett, um sie auf dem kleinen Nachtkästchen abzustellen, in dem Salem immer die Bettwäsche aufbewahrte. Er drehte die Flamme etwas höher, damit er gut ausgeleuchtet wurde und der Kleine mehr sehen konnte. "Ich tu dir nicht weh. Wer... auch immer dir das angetan hat, er ist nicht hier. Ist... dir nicht kalt?" Was konnte Salem gegen die Kälte tun... Er hatte doch da noch diese Flasche, die Kovazh immer mit heißem Wasser gefüllt hatte, wenn Salem Bauchschmerzen hatte. Eingeschlagen in dicke Tücher oder Wolldecken gab sie eine wohlige Wärme ab, die besonders bei Schüttelfrost und kalten Tagen sehr angenehm war. Salem ging zu dem Teil, den man wohl Küche bei ihm schimpfen konnte, und holte die flache Kupferflasche hervor. Diese füllte er dann mit dem restlichen Sud, der noch im Topf über dem Feuer brodelte, verschloss sie gründlich und schlug sie in eine kleine Wolldecke ein, um sie zu seinem Patienten zurück zu bringen. "Wärmflasche", sagte er noch ruhig, als er sich langsam näherte und sich auf etwas weniger als Armlänge Abstand zum Bett auf die Fersen hockte. "Ich leg sie dir hier hin und du kannst sie dir dann nehmen. Das hält dich warm" Vorsichtig, langsam und mit bedachten Bewegungen legte Salem die Wärmflasche aufs Bett und schob sie etwas zu dem kauernden Jungen. Hoffentlich verstand der Knabe ihn.... "Ich werde dir nicht weh tun", wiederholte der Werwolf wieder ruhig und blieb an Ort und Stelle. "Aber du bist verletzt und ich will dir helfen, damit du gesund wirst" Half das überhaupt? Verstand der Junge ihn eigentlich? |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.04.19 21:18 | |
| Die Hunde, sie wichen zurück, legten sich verteilt im ganzen Raum hin, aber...sie wurden ruhig und dieser Mann...der wich ebenfalls zurück. Nahm Abstand zu ihm, nur....warum? Sollte er nicht auf ihn los gehen, seine Lage ausnutzen? In Schlagen, Treten, ihn ins Bett drücken und ihn sich einfach....nehmen? Das Verhalten verwirrte Carney, der den Fremden keinen Augenblick lang aus den Augen ließ, dem Schatten immer mit dem Blick verfolgte. Zwar mochte das Kaminfeuer für den einen Reichen, aber Carney hatte Probleme viel zu sehen. Er sah ohnehin nicht mehr sonderlich gut und so wenig Licht machte es nur schlimmer. Und fast als hätte man dies erahnt, da wurden plötzlich Lampen aufgehängt, es wurde endlich Hell im Raum und zum ersten mal sah er auch, wo er sich befand. Er..lag auf einem Bett, oh wie lange war es nur her , dass er zuletzt in einem richtigen Bett gelegen hatte? Deswegen war der Untergrund ihm so seltsam vorgekommen. Weich und angenehm, ganz anders als altes Stroh, über dem höchsten eine alte Decke lag. Vorsichtig sah er sich weiter um, hob den Kopf vorsichtig etwas, immer damit rechnend, doch noch angegriffen zu werden. Die Hunde lagen auf Fellteppichen, schienen alle ihren Platz zu haben und wirkten ruhig, sahen lediglich aufmerksam zu ihm, aber keinesfalls so als würden sie ihn gleich anfallen. Schließlich sah er dann auch, was da vorhin auf ihm gelegen hatte: Decken. Weiche, warme Decken, die jetzt zurückgeschlagen am Fußende lagen. Er hatte...wirklich wegen Decken solche Panik bekommen? Dabei waren eben solche das, was er sich all die Jahre in der dunklen, nassen und kalten Zelle gewünscht hatte, ganz besonders im Winter. Verstohlen sah er sich kurz um, sah nach, ob die Luft noch rein war. Der Hüne war noch weg, also streckte sich Carney ein klein wenig aus und Griff sich mit der rechten Hand eine der Decken, zog sie schnell zu sich und zog sie hoch, zog sie sich so um den Kopf herum, dass nur noch sein Gesicht aus der Daunendecke heraus sah, immerhin wollte er weiterhin alles im Blick behalten. So...war es wärmer und so eingehüllt zu sein gaukelte das Gefühl von Sicherheit vor. Natürlich, die Decke würde ihn nicht beschützen können, wenn man ihm doch noch was tun wollte, aber es fühlte sich trotzdem...sicherer an. Geborgener. Erst jetzt merkte er auch, das er frische, saubere Kleidung an hatte. Doppelt sogar, als er erst den einen Pullover hoch schob und darunter noch einen weiteren vorfand, mit den Hosen das selbe. Aber hieß das....das dieser Mann ihn ausgezogen haben musste, als er bewusstlos gewesen war. Bei dem bloßen Gedanken, dass er so hilflos und völlig entblößt vor dem Fremden da gelegen hatte, ja es nicht einmal mitbekommen hätte, wenn der ihn in dieser Zeit irgendwas...wenn er ihn... Carney schluckte heftig. Nein...nein...nicht daran denken. Selbst wenn es so war...dann war es immerhin besser, als wenn er dabei wach gewesen wäre. Er schob die zitternden Finger unter die Pullover, tastete über seinen Körper, aber er spürte keine Haut unter den Fingern ...sonder nur Verbände? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass die ihm je Verbände angelegt hatten, also woher kamen sie? Die einzige logische Erklärung, die es dafür gab, die wollte der Bursche nicht so einfach annehmen. Nicht , nachdem er so lange Jahre gequält geworden war. Das eine Person tatsächlich freundlich zu ihm sein könnte, ihm helfen wollte...das schien ihm surreal, absolut unwirklich. Entsprechend sollte es kein Wunder sein, dass Carney zusammen schreckte, als Salem sich wieder näherte und die Angst sofort in seine Augen zurück kam. Jetzt, jetzt kam man ihn sicher holen, oder? Aber...nein, der Riese kauerte sich vor dem Bett auf die Fersen und schob ihm etwas hin. Hatte er Wärmeflasche gesagt? Konnte er ihm glauben oder würde das wieder nur ein mieser Trick sein um ihn zu quälen? Er zögerte ziemlich lange, aber dann streckte er vorsichtig die Spindeldürre Hand aus und stupste die angebliche Wärmeflasche erst nur mit einem Finger an, zog ihn sofort ängstlich zurück, nur um ihn nach kurzem wieder scheu gegen die Wolldecke zu drücken, in der tatsächlich etwas eingeschlagen war, das eine wohlige Wärme ausstrahlte. Er legte die Hand darauf, ließ sie einen Moment dort liegen und zog die Wärmeflasche dann zu sich her, drückte sie gegen den Bauch und kauerte sich um sie herum. Warm. Es war einfach nur warm. Verwirrte blaugrüne Augen sahen zu dem Fremden. „Warum....tust du das? Ich...ich versteh das nicht...warum bin ich jetzt hier? Warum willst du ...helfen? Damit sie mich wieder... kaputt machen können? Flicken, kaputt machen, wieder flicken...warum?“ Stotterte er , heiser und kratzig, von leisem verzweifelten Schluchzen unterbrochen und vom Keuchen. Seine Stimme jetzt war leise und kaum mehr tragend und er war so...verwirrt, hoffnungslos, wütend,ängstlich..
|
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.04.19 23:04 | |
| Wenn Salem so in diese ängstlichen, blaugrünen Augen sah, schmolz ihm das Herz glatt dahin. Es war, als hätte er ein ängstliches Rehkitz Zuhause und alles in ihm schrie danach, dieses arme Geschöpf in seine Arme zu schließen und ihm zu versichern, dass alles gut würde, dass er jetzt nicht mehr allein war. Aber dann würde der Kleinere nur wieder schreien, sich verkrampfen und am Ende zusammenbrechen. Genau wie ein scheues Reh oder ein Angsthund brauchte er ein bisschen Raum und die Versicherung, dass man ihm nichts tat. Und mit beidem hatte Salem schon Umgang gehabt - wenn auch eher mit den Angsthunden, da Rehe eher auf seiner Speisekarte standen. Entsprechend zeigte er nur ein kleines Schmunzeln, als der Junge wirklich die Wärmflasche nahm und sich unter die Decke zurückzog. Gut, zumindest brauchte man sich nun keine Sorgen mehr machen, dass er auskühlte. Doch die Wunden der Seele, die Kälte, mit der man ihn behandelt hatte in den letzten Jahren oder wer weiß wie lange er gefangen war... die würden viel länger brauchen. Salem kannte sie nur allzu gut von sich selbst. Es hatte Monate, Jahre gedauert, bis er so stabil war wie heute. Und heute... konnte er für den Knaben das sein, was Kovazh einst für ihn gewesen war. Immerhin redete der Knabe mit ihm und Salems Vermutung bestätigte sich. Bisher hatte wohl keiner dem Kleinen irgendwelche Zuwendung zukommen lassen. Der immer noch Angst hatte, man würde seine Folter einfach nur nach einer Erholzeit fortsetzen. Es würde seine Zeit dauern, bis er begriff, dass Salem nichts mit diesen Kerlen am Hut hatte. Vorerst galt es, zwar die Wahrheit zu sagen, aber den dürren Kerl nicht zu überfordern. Nur half es vielleicht, wenn er verstand, dass Salem und er sich nicht unähnlich waren. Also rollte der Wildhüter einen Ärmel seines eigenen Pullovers hoch und zeigte Carney die Narben an seinem muskulösen Unterarm. Verbrennungen, Stiche, Schnitte... "Weil ich bin wie du. Oder besser, ich war wie du. Hier wird dich niemand... kaputt machen. Sicher nicht. Hier kannst du heilen, zu Kräften kommen und du bist in Sicherheit" Er schob den Ärmel wieder über die alten Wunden. "Aber ich weiß, dass es schwer zu glauben ist. Konnte es damals auch erst nicht... glauben, meine ich. Ich war am Ende, wollte sterben, nach..." Er schüttelte etwas den Kopf. "Es war eine schwere Zeit damals und die hast du auch hinter dir. Ich will dir helfen, weil... mir damals auch jemand einfach so geholfen hat, ohne etwas zu erwarten. Von ihm habe ich fast alles gelernt, was ich heute weiß" Außer, wie man Leute umbrachte. "Du hast sicher Durst und Hunger", versuchte der Werwolf vorsichtig einen Themawechsel. "Ich kann Tee kochen, wenn du willst. Die Kräuter hier sind aus meinem Garten oder dem Wald, da ist viel drin, was deinem Körper helfen wird, wieder zu Kräften zu kommen" So gern er die Wunden des Knaben kontrolliert hätte, es war zu früh dazu. Immerhin waren sie verbunden und desinfiziert, da konnte man einige Zeit alles so lassen. Auch Essen war vielleicht etwas früh, auch wenn eine schöne Kraftbrühe dem Knaben sicher gut tun würde. Aber zunächst musste man schauen, was dessen Magen vertrug. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 19.04.19 0:11 | |
| Zeit, das war wohl das Schlüsselwort, denn die würde er brauchen und viel davon. Wahrscheinlich mehr, als man bereits vermutete. Er hatte zu viel durchgemacht, zu viel über sich ergehen lassen müssen, als dass man ihn das schnell würde vergessen lassen können. Zitternd drückte er die Wärmflasche etwas fester an sich, an den abgemagerten Körper, der die Wärme dringend nötig hatte. Wärme tat immerhin auch bei Fieber durchaus gut und erst recht bei Unwohlsein. Es war einfach beruhigend und entspannend und das mochte auch der Grund sein, warum der junge Bursche nicht mehr ganz so sehr in Angst und Panik war , wie noch Moment zuvor. Er hatte jetzt etwas, an das er sich klammern konnte, das er im Arm halten konnte und sich daran aufwärmen. Diese einfache in eine Wolldecke gewickelte Kupferflasche war mehr Luxus, als man glauben konnte. Er kuschelte sich in seine Decke, machte es sich so bequem es ging und wandte keinen Moment den Blick von Salem ab, verfolgte jede Bewegung mit höchster Aufmerksamkeit und Alarmbereitschaft. Für einen kurzen Sekundenbruchteil kam wieder die Angst hoch, als er die Ärmel hochkrempelte und die muskulösen Arme preis gab. Verflucht, der Kerl war wirklich ein Bär! Ein Schlag und Carney würde sich vom Leben verabschieden dürfen, ein für alle mal! Es war zwar nicht so, dass er es nicht schon getan hätte...er verstand nicht, warum er noch lebte. Warum man ihn überhaupt mit genommen hatte. Sein Blick wanderte den Arm hinauf, über die zahlreichen Narben und er schauderte. Vieles kam ihm zu bekannt vor. Dieser Mann vor ihm...war er wirklich so wie er selbst gewesen? Auch so kaputt gemacht von anderen? Oder hatte er die Narben woanders her und tischte ihm hier nun einfach nur eine Geschichte auf? Aber....was interessierte es ihn überhaupt? Er...wollte nicht hier sein. Er wollte nicht mal bei einer freundlichen Person sein...er wollte nur die Augen zu machen und schlafen...schlafen ohne wieder aufzuwachen. Er war am Ende. Er war fertig mit dieser Welt. „Ich....ich will nichts essen...“ wisperte er matt, erschöpft. „Ich will nicht hier sein....ich...ich will überhaupt nicht mehr leben. Du....du musst dir keine Mühen machen...ich will nicht...ich will einfach nicht mehr...ich kann nicht mehr...es ist...zu viel....einfach zu viel...“ raunte der Schwarzhaarige leise und erneute Tränen sammelten sich in seinen Augen und er schluchzte laut und zitternd auf , vergrub das Gesicht im weichem Kissen. „Ich will nur, dass es aufhört...dass es endlich aufhört...weh zu tun..ich..ich kann das nicht mehr länger...ich...“ Hier brach ihm die dünne Stimme völlig und er schluchzte einfach nur absolut am Ende ins Kissen. Er hatte abgeschlossen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es in diesem Leben noch irgendwas gutes für ihn gab. Dass es ein Leben nach dieser Hölle geben konnte. Er hatte so lange gekämpft, so unheimlich lange...aber mit der Zeit hatte er die Hoffnung und die Kraft verloren...er sah den Sinn nicht mehr. Warum weiter machen, wenn es ohnehin nie besser wurde? Wenn alles nur schlimmer werden konnte, zumindest für ihn? Und unter der Decke wurde der ganze dünne Körper von den Schluchzern durchgeschüttelt, zitternd und kraftlos. Carney war nicht einfach nur verängstigt...sondern völlig gebrochen. Körperlich und Seelisch gleichermaßen zerschlagen, jeder Hoffnung und jeder Lebensfreude vor langer Zeit ganz und gar beraubt. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 19.04.19 17:13 | |
| Die nächsten Momente und Stunden würden nicht nur darüber entscheiden, ob sein Gast überlebte, sondern auch, ob er sich von Salem pflegen ließ. Und irgendwie hatte der Werwolf das Gefühl, dass noch ein ganzer Batzen harter Arbeit vor ihm lag. Doch... er wollte nicht aufgeben. Auch Kovazh hatte nicht aufgegeben, war stets geduldig mit ihm gewesen, selbst als er noch Jahrelang im Schlaf aufgeschreckt war, ihn angeknurrt hatte. Der Junge hier war nicht aggressiv... nur hoffnungslos. Vielleicht war das schlimmer, vielleicht besser, für Salem bedeutete es in jedem Fall mehr Arbeit, denn sein Gast scheute Körperkontakt, was es schwieriger machte, sich um ihn zu kümmern. Schließlich mussten seine Verletzungen kontrolliert und behandelt werden, bevor sie sich entzündeten. Hartnäckigkeit war das Zauberwort und auch Mitleid. Dieses kleine Häufchen Elend, was sich unter der Bettdecke zusammenkauerte und das ganze Bett zum Wackeln brachte durch sein Zittern... Was hatte er nur erlebt? Salem hätte ihm am liebsten über den Kopf gestreichelt und ihm gezeigt, wie lebenswert doch alles war. Welches Wunder das Leben selbst war... so wie Kovazh damals. Aber damit kam er im Moment nicht weiter. Er musste den Kleinen erstmal aufpäppeln, ihm auch zeigen, dass er keine Gefahr darstellte. Vielleicht könnte es helfen, wenn Salem ihm ein bisschen von sich erzählte... Er blieb auf den Fersen hocken, überlegte einige Momente, bevor seine leise, etwas raue Stimme erklang. Seine Hunde hörten aufmerksam hin, Jerry zuckte auch ein paar Mal, weil er sich neben seinen Herren legen wollte. Er blieb aber liegen, als Salem zu erzählen begann. "Ich kenne diese Gedanken, sogar sehr gut. Den Gedanken, einfach alles zu beenden, dem Schmerz und der Qual zu entfliehen. Nichts mehr zu fühlen. Zu schlafen, einzuschlafen... zu sterben. Weil man weiß, glaubt zu wissen, dass das Leben einem nichts mehr bieten kann. Weil man so viele Jahre in Demütigung, Folter und Todesangst ausstehen musste. Oh ja, ich kenne diesen Gedanken. Ich wollte selbst sterben, nachdem mir die Flucht endlich gelungen war... Immerhin konnte ich endlich selbst entscheiden. Ich konnte meinen Tod endlich wählen, nachdem ich all die Jahre tun musste, was man mir befahl. Fehler wurden streng und brutal bestraft. Aber als ich geflohen war aus dieser Hölle und nach meinem Sturz ins Meer am Strand lag, da wollte ich dem Tod meine Hand reichen. Man hat mich gerettet und hier her gebracht, versorgt, mir Essen und Kleidung gegeben, mich aufgenommen wie einen Teil der Familie... Und ich hab auch lange geglaubt, meine Peiniger würden jeden Moment durch die Tür stürzen, mir eiserne Schlingen um den Hals legen und mich wieder in dieses Loch zerren. Aber hier... hier war ich frei. Zum ersten Mal in meinem Leben wirklich frei, ich konnte sehen... was es alles in der Welt gibt. Ich konnte die Bäume blühen sehen und all die Tiere hier... wie die Rehe ihre Jungen bekommen oder wenn die Eichhörnchen im Herbst ihre Nüsse verstecken. Das Leben war... dann plötzlich nicht mehr so grau und trostlos. Es strahlte in all seinen Farben und... ich wollte mehr von diesen Farben sehen. Also... begann ich zu leben. Ein zweiter Geburtstag, wenn du so willst... Aber ich kenne deine Gedanken, sehr gut sogar. Ich kenne deine Schmerzen. Ich habe sie so viele Jahre ertragen müssen und habe sie heute noch an manchen Tagen, an den bösen Tagen. Aber ich habe auch so viel Schönes um mich. Den Wald, die zwitschernden Vögel, die Tiere und all die Pflanzen... Wie jeden Frühling wieder das Leben erwacht. Weißt du, das sieht wirklich schön aus..." Er musste ihm langsam etwas Flüssigkeit einflößen. Eine ordentliche Kraftbrühe würde eine gute Stunde dauern, aber Tee konnte er schnell aufsetzen. "Ich werde uns jetzt einen Tee machen. Ich bin nur am Herd, in Ordnung? Und meine Hunde bleiben auf ihren Plätzen, sie werden dir nicht weh tun. Es sind vier Irische Wolfshunde, zwei reine Neufundländer und sieben Neufundlandmischlinge. Sie sind meine Helfer im Wald und sehr sehr lieb. Und gehorsam. Keine Angst" Vorsichtig wich Salem wieder zurück und stand dann auf, um den Wassereimer zu nehmen und zunächst den Kessel über dem Kamin aufzufüllen. Holz würde er nachher reinlegen, wenn er die Kraftbrühe aufsetzte. Mir dem restlichen Brunnenwasser ging er zum Herd und füllte es dort in den Wasserkessel, den er auf die Gusseiserne Platte stellte. Er legte einige Scheite und Äste ins Feuer, nahm Streichhölzer und Papier zur Hand und zündete den Ofen an. Danach legte er die Kräuter zurecht, Melisse, Lavendel und eine Mischung, die er mal von einem befreundeten Händler aus Heavens Bay bekommen hatte und die bei Magenproblemen beruhigend wirkte. Während das Wasser kochte, legte er sich auch schon mal das Gemüse für die Brühe zurecht und nahm aus einer Luke im Erdboden, die ihm als Kühlkeller diente, ein paar Knochen und fettes Fleisch, um danach die Brühe zu kochen. Mit dem kochenden Wasser goss er dann die Kräuter auf, allerdings machte er die große Tasse nur halb voll und schöpfte dann kühleres Wasser aus dem Eimer, damit der Tee nicht zu heiß würde. Vorsichtig maß er beide Flüssigkeiten ab und rührte noch einen großen Esslöffel selbst geernteten Honig ein, bevor er langsam zum Bett zurückkehrte. "Keine Sorge, ich bin es nur. Ich hab Tee gemacht, der wird dir gut tun. Er ist warm und heilend" Wieder hockte er sich neben dem Bett auf die Fersen, allerdings ein bisschen näher. "Kannst du es selbst halten oder soll ich dir helfen?", bot er vorsichtig an, stellte den Tee aber erstmal auf dem Nachtschrank ab, um dem Kleinen wirklich eine Wahl zu lassen. Dabei fiel ihm ein, dass er dessen Namen noch nicht mal kannte... wenn der arme Knabe denn einen hatte. Viele vergaßen ihre Namen über solche Folter... selbst Salem hatte viele seiner Namen vergessen... irgendwo in seinem Kopf spukte es herum, dass er nicht nur Salem hieß. Aber so sehr er versuchte, sich zu erinnern, es gelang ihm nicht. Wie die Gesichter seiner Familie. Auch das waren nur unförmige Schatten für ihn. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 19.04.19 21:01 | |
| Im ersten Moment schien es Carney nicht sonderlich zu beruhigen, als Salem zu erzählen anfing. Er weinte weiter, für einige Minuten sogar noch heftiger als zuvor, aber er drehte den Kopf leicht, sah Salem an und schien tatsächlich zu zuhören, während er sich selbst noch nicht recht beruhigen konnte. Er klammerte sich wie ein Ertrinkender an ein Stück Treibholz an seine Wärmflasche und biss sich auf die verschorften Lippen, um das Schluchzen zu unterdrücken. Schwäche...er durfte nicht so viel Schwäche vor einem ihm Fremden zeigen. Man würde es doch nur gegen ihn ausnutzen. Vorteil darauf schlagen. Das, was man ihm aber da erzählte, das klang ganz anders. Das klang wie jemand, der das selbe durchgemacht hatte wie er selbst. Das klang nach jemand, der ihn tatsächlich verstand, der seinen Schmerz nachvollziehen konnte...ja, sich vielleicht sogar vorstellen konnte, was ihm widerfahren war – vielleicht das selbe in Grundzügen durchlebt hatte. Nur...das wäre zu schön um wahr zu sein, wenn er wirklich an jemanden geraten wäre, der ihm helfen wollte. Ganz uneigennützig. Der ihn nicht nur wieder deshalb zusammen flicken wollte, um ihn noch besser wieder kaputt zu machen. Und selbst wenn es so war....machte es tatsächlich noch so viel Sinn für ihn weiter zu machen? Konnte das Leben ihm noch genauso viele Freuden bereiten, wie es dieser Fremde ihm erzählte? Oder würde er den Rest seines Lebens als Schatten verbringen, unfähig die schönen Seiten im Leben zu sehen und zu genießen? Das schien ihm viel wahrscheinlicher, als alles andere. Als jedes gute Ende. „Ich...ich weiß nicht...ob ich das kann...ob ich das will...ich...ich weiß nicht, ob das Leben noch schön werden kann. Ich kann nicht mehr...verstehst du? Ich kann einfach nicht mehr...“ , wisperte er er irgendwo zwischen dem Weinen und Schluchzen und versteckte sich halb unter der Decke. Warum wollte man sich so für ihn einsetzen? Wieso ließ man ihn nicht einfach in Ruhe? Was kümmerte es diesen Mann, ob er jetzt starb oder weiter lebte? Weiter mit all den Schmerzen und Erinnerungen. War das seine Art ihn zu foltern? Mühsam versuchte er sein Schluchzen zu unterdrücken, als ihm die gebrochenen Rippen und die vielen Prellungen am Brustkorb zu schmerzen begannen und das nicht gerade wenig. Es fühlte sich an wie Messerstiche direkt zwischen die Rippen. „Es tut so weh...“ jammerte er leise, sah dem Mann hinterher, als er erklärte, dass er Tee machen würde. Fast hätte er gefragt , was Tee war. Er wusste es nicht mehr. Erst als man mit der Tasse zurück kam und es so seltsam...angenehm und erfrischend roch, da kamen ein paar Erinnerungen wieder durch. Tee....Tee war etwas zum Trinken aus...Kräutern. Genau, das war es. Wann hatte er das letzte mal Tee getrunken? Es kam ihm vor wie in einem anderen Leben. Sein jetziges schien ihm nur noch aus Schmerz, Qual und Folter zu bestehen., zumindest bis zu diesem Zeitpunkt. Wobei, eigentlich fiel bisher nur die Folter weg, denn er hatte immer noch quälende Schmerzen, überall über den ganzen Körper verteilt, besonders Brust, Rücken und...intimere Stellen...er wollte lieber nicht daran denken, ob dieser Kerl ihn auch dort...angefasst hatte und selbst wenn er ihn nur versorgt hatte und nichts weiter. Ihm krampfte sich der ganze Magen beim bloßen Gedanken zusammen. Er wollte nicht angefasst werden, erst recht nicht dort...von niemanden, nie wieder. So in diesen einen Gedanken verfangen reagierte er zunächst auch nicht auf die Frage, ob man ihm helfen sollte. Es dauerte einen ganzen Moment, bis Carney den Kopf schüttelte, ein heiseres „Nein“ , äußerte. „Nein...ich...ich will nicht...angefasst werden...“ und vor allem wollte er nicht, dass dieser Muskelberg ihm auch nur einen Zentimeter zu nahe kam. Egal wie freundlich er sich gab, er hatte Angst vor ihm. Tierische angst, die er nur schwer unterdrücken konnte , als er zitternd die Finger in Richtung der Tasse streckte, nur war es jetzt schon abzusehen, dass er mit so stark zitternden Fingern die Tasse nie würde ruhig halten können , ja wahrscheinlich würde ein Gutteil des Tees überschwappen. Carney wollte sich dies allerdings nicht eingestehen. Er musste doch noch in der Lage sein selbstständig eine Tasse zu halten und Tee zu trinken.... und dann hielt er plötzlich inne, sah Salem misstrauisch an. Was war, wenn man ihm etwas in das Getränk gemischt hatte? Woher konnte er sich sicher sein, außer … „Trink du zuerst! Dann...dann trinke ich auch....aber erst du! Wenn du nicht trinkst, tu ich es auch nicht..“ forderte er ihn auf und da war eine felsenfeste Überzeugung in seiner Stimme, die man dort nicht erwartet hätte. Oh nein, so einfach ließ er sich nicht mehr übers Ohr hauen. Er erinnerte sich noch zu gut an all die male, wo sie ihn dazu gezwungen hatten, irgendwelche Flüssigkeiten zu schlucken. Die Palette war von anschließender leichter Übelkeit über Halluzinationen zu Verätzungen und völliger Willenlosigkeit gegangen..."Die...die haben mir...Dinge zum Trinken gegeben,...böse Dinge..." erklärte er sich. Er wusste nicht warum er überhaupt das verlangen hatte, sich zu erklären, vielleicht, weil dieser Mann sich ihm gegenüber auch erklärt hatte.. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 20.04.19 16:26 | |
| Wie Salem genau vorgehen würde, das wusste er noch gar nicht. Vorerst würde er, ähnlich wie bei einem scheuen Hund, versuchen, beruhigend auf den Jungen einzureden und ihm zu verstehen geben, das er keine Gefahr war. Das war vermutlich noch das einfachste an der ganzen Sache... Denn das größte Problem war immer noch, dass sein noch namenloses Gegenüber sich aufgegeben hatte und nichts anderes mehr kennen wollte, als Schmerz und Leid. Salem war auch mal so gewesen... wenn auch nicht ganz so intensiv. Er hatte immer noch den Gedanken an Menschen gehabt, denen er etwas bedeutet hatte. Waren diese ominösen Menschen auch nur Schatten und Schemen für ihn, er hatte über all die Jahrzehnte in dieser Hölle gewusst, dass es sie gab. Dieser arme Junge hatte niemanden... Oder erinnerte sich zumindest an niemanden. Gegen die Schmerzen konnte Salem außer mir Kräutertees und vielleicht noch Umschlägen nicht viel tun, er war kein Arzt und kannte nur die heilende Wirkung der Natur. Bei ihm hatte das stets gereicht, aber... der Kleine würde sich nicht von ihm anfassen lassen, das machte er sehr deutlich und Salem wollte das respektieren. Aber irgendwann... würde er die Verbände wechseln müssen. Und vor allem musste sich der Kleine ja auch waschen und in dem Zustand, in dem er sich befand, würde er das einfach nicht alleine schaffen. Aber darüber konnte man sich später Gedanken machen. Salem beobachtete zunächst ganz genau, wie sich die knochendürre, zitternde Hand ausstreckte und der Junge nach der Tasse greifen wollte. So wie er zitterte, würde er die doch nie ruhig halten können... Salems Blick wurde zusehends besorgter, bevor er sich zu überrascht wandelte, als der Junge verlangte, er solle zuerst trinken. Meinte er wirklich, der Wildhüter wolle ihn vergiften? Doch bei der Erklärung... verkniff sich Salem sogar das Seufzen. "Gut, ich werde zuerst trinken. Deine Angst kenne ich... sie haben mir auch manchmal was ins Wasser oder Essen getan. Damit... ich schlimme Dinge mache. Oder schlimme Dinge mit mir machen lasse... Aber hier ist nichts drin, außer Kräutern und Honig" Er nahm die Tasse, die in seinen großen Händen fast winzig wirkte und nahm einen ordentlichen Schluck, den er noch ein wenig im Mund behielt, bevor er ihn runterschluckte. Vom Honig hätte es vielleicht weniger sein können, aber ansonsten war es recht schmackhaft. "Siehst du? Nicht vergiftet. Alles in Ordnung. Und... wenn du nicht willst, dass ich dich anfasse... halte ich einfach nur die Tasse fest, wie klingt das? Dann fass ich dich nicht an und du mich nicht" Für den Anfang musste das reichen und er hielt Carney die Tasse hin. Hoffentlich trank er wirklich... Wenn er die Tasse hinstellen sollte, würde er das tun und den Jungen selbst trinken lassen. "Ich... heiße übrigens Salem. Hast... du einen Namen?", fragte der Werwolf vorsichtig und hoffte einfach nur, dass er keinen Anfall mit seiner Frage auslöste. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 23.04.19 19:20 | |
| Der besorgte Blick, der die ganze Zeit auf ihm lastete, verwirrte Carney zunehmend. Diese Sorge schien nämlich echt zu sein, nicht nur aufgesetzt und gespielt, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Es war ungewohnt und irgendwie auch beängstigend, weil es neu war und neues ängstigte ihn. Konnte man ihn nicht lieber mit dem gewohnten Hass, der Häme, den spöttischen Blicken. Das würde er weit besser verkraften, als diese besorgten, warme braune Augen. Konnte man ihn nicht einfach schlagen, ihn treten, ihm schmerzen zufügen? Damit wusste er umzugehen, das konnte er still ertragen. Das war er gewohnt. Dieses ganze...fürsorgliche, hilfsbereite...es brachte sein ganzes Weltbild durcheinander und ließ ihn so unglaublich verwirrt und hilflos zurück. Er wusste nicht mehr, wie er sich zu verhalten hatte, was er erwarten sollte. Aber zumindest nahm es ihm die Angst vor dem Tee, dass Salem tatsächlich trank und ihm damit bewies, dass in dem Tee nichts schlechtes war. Der Vorschlag kam dann auch sehr überraschend und man sah dem schwarzhaarigen Burschen deutlich an, dass er überlegte, den Vorschlag anzunehmen. Sein Blick glitt auf die eigenen bebenden Hände und dann zur Tasse. Er wusste ja selbst, dass er den Tee verschütten würde und...wenn man ihn wirklich nicht anfassen würde...dann klang das doch nach einem guten Kompromiss. Bis er dann allerdings zaghaft nickte dauert es noch ein paar Minuten. „Ja...ich...das würde gehen...wenn du die Tasse halten würdest.“ raunte er und rückte auch vorsichtig, wenn auch mit einem leisen Schmerzenslaut etwas näher heran, bis er sich vorbeugen konnte und sehr vorsichtig an der Tasse nippte, den ersten Schluck Tee trank. Ihn dann hinab zu schlucken kostete ihn ein wenig Überwindung, danach breitete sich die wohlige Wärme in seinem ganzen Körper aus und er stellte mit einem Lächeln den süßen Honiggeschmack fest – wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte es ruhig noch etwas mehr Honig sein dürfen. Ein wenig mutiger nahm er den zweiten, nun etwas größeren Schluck und genoss es, wie ihm die warme Flüssigkeit wohltuend den rauen Hals hinab ran. Es tat so unfassbar gut, er hätte direkt wieder weinen können..bis dann die Frage nach seinem Namen kam und das war der Moment, wo er tatsächlich wieder zu weinen anfing. Ja, sein Name....was war sein Name? Er wusste, dass er vor dieser Hölle einen gehabt hatte, nur...welcher? „Ich....ich weiß es nicht....ich weiß nicht, was mein Name ist...für...für die da drin war ich nur...nur Subjekt 1284 ...“ er schluchzte laut auf und schloss die Augen um die Tränen besser unterdrücken zu können. Wenn er sich genug konzentrierte, dann tauchten immer wieder Erinnerungsfetzen auf, er konnte sie nicht zuordnen, aber da war eine Stimme, die nach ihm rief, nur...er wusste nicht mehr, welchen Namen. „Ich....ich weiß...dass mein Name mit Ca- anfing, aber ...ich weiß nicht mehr...“ Aufs neue vergrub er das Gesicht im Kissen und weinte einfach nur. Er war ein Mensch ohne Namen, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Diese Männer hatten ihm alles genommen, einfach alles. Ihm war nichts geblieben, einfach nichts. Er rollte sich wieder zusammen, umklammerte mit einem Arm die Wärmflasche , fing mit dem anderen dann aber sehr auffällig an, sich an einer Stelle im Nacken besonders fest zu kratzen, immer und immer wieder, die Nägel regelrecht in die Haut grabend. Da wo die Tätowierung saß, die ihn als eben jenes Subjekt 1284 auswies. Er konnte sich noch daran erinnern, wie sie ihn fixiert hatten, um ihn dieses Mal seiner Gefangenschaft in den Nacken zu stechen. Ihn als ihr Forschungsobjekt zu markieren. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 30.04.19 0:33 | |
| Er trank, allen höheren Wesen und Mächten sei gedankt, der Knabe trank tatsächlich, nachdem Salem ihm bewiesen hatte, dass der Tee nicht vergiftet war. Der Werwolf atmete fast unmerklich auf und beobachtete zufrieden, wie der arme Junge seinen Tee genoss. Ja, so ein warmes Getränk konnte nach viel Kälte Wunder bewirken... So wurde auch der Knabe offener, hatte den ersten Schritt in Richtung Vertrauen getan. Wie ein Hund, der zum ersten Mal Futter aus der Hand nahm. Gerade wollte Salem wieder zuversichtlicher werden, da brach der Junge wieder zusammen als es an seinen Namen ging. Salem zuckte zusammen und stellte zunächst den Tee vorsichtig ab, um nichts zu verschütten. Er wollte schon die Hand aussrücken, zog sie dann aber doch wieder zurück. Ihn jetzt anzufassen wäre absolut kontraproduktiv gewesen. „H-Hey... t-tut mir Leid..“ Das hatte er doch nicht gewollt... weder gewollt, noch gewusst. Ihm selbst hatte man ja zumindest einen Namen gelassen. Salem. Der unbesiegte Wolf. Der blutrünstige Zigeuner. Der Berserker, der jeden im Ring zerfleischen konnte... Natürlich, die anderen Namen, die er aus seinem Volk geerbt hatte, die waren längst vergessen worden. Aber zumindest der eine, Salem, der war geblieben. Der arme Junge hier... der hatte nur eine Nummer gehabt. Wie traurig musste er sein, wie zerstört und wie hoffnungslos... wie könnte man ihn nicht aufnehmen, versuchen, ihm zu zeigen, dass er jemand war? Dass er ein Mensch war, dass man seine Gefühle und Gedanken ernst nehmen würde, es wurde Zeit, dass er Rücksicht und Geborgenheit erfuhr. Salem allerdings war verunsichert, wusste im ersten Moment nicht, was er jetzt am besten tun sollte. Aber da kamen zwei Buchstaben, eine Silbe. Der Junge hatte eine Silbe seines Namens, seines richtigen Namens noch im Kopf. Vielleicht konnte man daraus ja dessen echten Namen zusamenbasteln. „Ca, ja? Nun... vielleicht Caleb? Oder...Cadbey? Obwohl, du... könntest auch Cadogan heißen...“ Der Werwolf überlegte, welche Namen ihm noch einfielen, welche er in seinem langen Leben gehört hatte, die mit Ca begannen. „Caiden? Caiden klingt eigentlich ganz hübsch... Oder kommt dir Callum bekannt vor? Cap?.... Oder vielleicht Carlile? Carlton oder....“ Gerade, als der Hüne dabei war, wirklich ein paar Namen aus seinem Gedächtnis zu kramen, fiel ihm auf, dass sein Schützling begann, sich wie wild am Nacken zu kratzen und das so heftig, dass es bald begann zu bluten. „Hey, was hast du? Juckt es dich?... H-hey, hör... hör doch bitte auf, du tust dir weh... Bitte, lass das doch bleiben, das... entzündet sich sonst und...“ Ein bisschen unsicher und sanft, wie er eben war, zögerte Salem noch einen Moment, wollte eigentlich mit Worten gegen den Jungen ankommen... Aber der hörte ihn ja nicht mal mehr. Er war wie in Trance und so blieb dem Wolfsmann nur noch, gegen seine Überzeugung zu handeln. „Ich... ich mach das nicht gern, wirklich nicht. A-Aber ich werd jetzt deine Hand wegschieben. Okay, nur wegschieben, nicht festhalten. Nimm... die Hand wieder unter die Decke und leg sie auf die Wärmflasche, ja? Und... da lässt du sie dann auch, bitte“ Bevor der Knabe, dessen Namen sie noch rausfinden mussten, sich ernsthaft verletzte, musste Salem handeln. Also streckte er die Hand aus, vorsichtig aber bestimmt und schob mit dem Handrücken die kratzende Hand von dessen Nacken. Viel Widerstand begegnete den großen Pranken dabei nicht, aber Salem blieb sanft, beinahe zärtlich, als er sich die Kratzwunde ansah. „Ist nicht sehr tief. Wenn... du willst, geb ich dir was, damit du es verbinden kannst. Das... kannst du doch selbst, oder?“ Es waren seltsame Zeichen sorgt aufgemalt gewesen. Obwohl Salem ein paar davon bekannt vorkamen. Das waren Zahlen, die er schon mal gesehen hatte. Aber das Zeichen vor all diesen Zahlen... auch das kam ihm bekannt vor, aber man hätte ihn genauso gut vor eine Tafel Hieroglyphen setzen können und er hätte ebenso viel verstanden. Aber was auch immer es war... es erinnerte den Jungen an etwas ganz furchtbares. „Es... es ist noch Tee da. Den kannst du austrinken, wenn du willst. Er hat dir doch geschmeckt... oder?“, erkundigte der Werwolf sich dann zaghaft mit dem kläglichen Versuch, das Thema zu wechseln. Er wollte nur, dass der Junge sich ein bisschen beruhigte. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 20.05.19 1:38 | |
| Er wollte, dass es weg ging. Dass es einfach weg ging. Dieses Schandmal seiner Gefangenschaft. Diese stetige Erinnerung daran, was man aus ihm gemacht hatte. Wollte es sich vom Leib kratzen, aber da war plötzlich etwas an seiner Hand, ein zaghafter Druck. Kein festhalten, aber trotzdem eine Berührung und die ließ ihn aus seiner Trance aufschrecken mit einem erschrockenen leisen Schrei auf den Lippen. Er zuckte zusammen, zog die Hand freiwillig weg und schob sie unter die Decke, erstarrte und verkrampfte ... bis er bemerkte, dass Salem nur mit ihm sprach und gar kein Interesse daran hatte, ihn festzuhalten. Man...hatte nur versucht, ihn vom Kratzen abzuhalten. Etwas ängstlich sah er auf, schluckte und antwortete zunächst nicht. Er war noch zu sehr damit beschäftigt sich vom Schreck zu erholen und seine Atmung wieder zu beruhigen. Ruhig, ganz ruhig, Salem wollte nichts von ihm. Tatsächlich wirkte dieser Hüne genauso verunsichert wie er selbst. „Ich....ich glaube....Salbe...reicht...und...Tee...Tee klingt gut...vielleicht mit....mehr Honig?“ stammelte er leise vor sich hin und er klang extrem scheu als er diese kleine Bitte stellte. Durfte er das? Um Dinge bitten? Oder würde man es ihm übel nehmen? Würde man ihn dafür bestrafen? Er hatte Angst davor, aber...er wagte zu hoffen. Es war doch nur ein wenig mehr Honig im Tee was er wollte. Zitternd zog er die Decke um sich, zog die Beine vorsichtig an sich und packte die Wärmeflasche fest. Es juckte ihn in den Fingern, sich wieder am Nacken zu kratzen, denn jetzt juckte die Wunde tatsächlich und er verzog das Gesicht. Er würde wirklich unheimlich gerne, aber dann riskierte er sicher, dass man böse mit ihm wurde und dann würde man ihn anpacken und fesseln und schlagen...da war er sich sicher. So war es immer gewesen, wenn er jemanden verärgert hatte. Stattdessen versuchte er sich die Namen ins Gedächtnis zu rufen, die man ihm vorher vorgeschlagen hatte. Da war einer dabei gewesen, der ihm irgendwie...fern an etwas erinnert. „Cadbey....Cadbey klingt...gut....das....irgendwie...erinnert mich der Klang an etwas. Vielleicht...ist mein echter Name ganz ähnlich...kannst du mich...so nennen? Bis...es mir einfällt?“ Einen Namen...er würde endlich wieder einen Namen haben. Es war vielleicht nicht sein Name, aber...es war besser als eine Nummer. So viel besser. Es gab ihm wieder etwas vom Menschsein zurück. Dieser Gedanke trieb ihm erneut die Tränen in die Augen und er schluchzte leise auf. „Ich...hab so lange keinen Namen mehr gehabt...es....ist....irgendwie ein schöner Gedanke...wieder einen zu haben.“ krächzte er leise. Selbst wenn er mit diesem Namen sicher nicht lange Leben würde. Im Grunde wollte und hoffte er irgendwie immer noch, dass es mit ihm einfach die Tage noch zu ende gehen würde und dann würde er wenigstens nicht als irgendeine Nummer sterben. Es würde einen Namen geben, den man auf sein Kreuz schreiben konnte. Das war ein tröstlicher Gedanke. Damit hatte es tatsächlich noch etwas gutes gehabt, dass er noch nicht in dieser Gasse verreckt war. Jetzt trank er noch seinen Tee und dann konnte er die Augen schließen und mit dem Geschmack von süßem Honig im Mund einschlafen und diese Welt hinter sich lassen. Er hatte doch kaum Kraft, selbst einfach nur da liegen und wach bleiben war schon so furchtbar mühselig und ihm tat alles weh und dann dieses ständige Gefühl nicht genug Luft zu bekommen....wobei er das ohnehin schon lange hatte seit sie ihn mal irgendetwas hatten schlucken lassen und er sich verschluckt hatte. Aber nun, das spielte ohnehin keine Rolle, für die kurze Zeit würde er das noch ertragen können. Er seufzte und kuschelte sich ins Kissen und da fiel ihm plötzlich noch etwas ein: „Du...wirst aber nicht auch hier drin schlafen, oder? Ich...kann das nicht...will das nicht...das geht nicht...bitte...“ |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 09.06.19 19:39 | |
| Als Salem am gestrigen Morgen aufgewacht war, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er am Abend mit einem verstörten und schwer verletzten Jungen zurück kommen würde. Vielleicht hätte manch anderer einfach die Behörden informiert und sogar Salem hatte einen Moment lang daran gedacht, das uralte Funkgerät noch anzuwerfen und einen Arzt zu bestellen. Er hätte es vielleicht gemacht, wenn der Knabe, der noch nicht mal einen Namen trug, nicht wieder zu Bewusstsein gekommen wäre. Aber wenn er so sah, wie der Junge in jedem Schatten Terror witterte... Nein, Fremde, die vielleicht nicht so geduldig und verständnisvoll mit ihm umgingen, würden ihm den Rest geben. Der kleine Schrei reichte schon, dass Salem seine Handlung fast bereute, er hatte den Knaben ja nicht erschrecken wollen. Selbst leichte Berührungen ließen den schon so sehr zusammen zucken... Salem brach es das Herz, die arme, geschundene Seele so zu sehen. Da war er ja selbst in besserer Verfassung gewesen seiner Zeit. Ein wenig scheu und unsicher trat der große Mann auch wieder vom Bett zurück und atmete erleichtert auf, als der magere Knabe sich traute wieder zu sprechen. Salbe und mehr Honig im Tee, das ließe sich einrichten. Salem nickte daher und ging langsam in die Küche. Dort nahm er vom obersten Regal zunächst ein kleines Töpfchen, in dem er etwas Wundsalbe aufbewahrte, die er selbst aus Kräutern mischte. Hoffentlich half sie auch in diesem Falle... Dann nahm er noch den kleinen Topf mit Honig und ging dann zurück ans Bett. Als er auf Armeslänge davor stand, ging er wieder in die Hocke, um dem Jungen zunächst am langen Arm die Salbe hin zu schieben. „Die brennt vielleicht ein wenig, aber... dann heilt es besser. Und... wenn du willst, dann nehm ich auch ein bisschen davon, damit du siehst, dass es nicht gefährlich ist oder... irgendwas komisches drin ist. Und hier ist Honig drin“ Er nahm das Deckelchen von dem Töpfchen und zeigte ihm die goldgelbe zähflüssige Masse darin. Er nahm den Löffel vom Nachtkasten, tauchte ihn ein und ließ den vollen Löffel Honig in den noch warmen Tee laufen. Immerhin schien der Kleine nun zu begreifen, dass Salem ihm nichts böses wollte und dass es ihm gut tat, was der große Wolf ihm anbot. Das war ein gutes Zeichen, vielleicht konnte man ihm doch ein bisschen Lebenswillen zurück geben. Das wäre zunächst das Wichtigste... Und so zeigte er dem Jungen, der den Namen Cadbey zumindest so lange tragen wollte, bis ihm sein echter Name wieder einfiel, dass er wirklich nur Honig in den Tee gerührt hatte, indem er selbst wieder einen Schluck nahm und den Tee nur abstellte, um ein bisschen Salbe aus der Dose zu nehmen, die er vor ihm abgestellt hatte. Dann schmierte er sich die Salbe selbst auf den Arm und zeigte Cadbey, dass ihm da nichts passieren konnte. „Siehst du? Alles in Ordnung, da ist nichts schädliches drin. Die mache ich selbst aus Kräutern, Honig und Bienenwachs. Das wird verhindern, dass es sich entzündet“ Er versuchte sich an einem schüchternen Lächeln. „Cadbey... ich kann dich so nennen, wenn es dir wirklich gefällt. Das ist ein schöner Name, den hört man nicht sehr oft“ Langsam schienen beide Seiten etwas aufzutauen, was Salem schlicht erleichterte. Es wäre nicht gut, wenn Cadbey nur in Angst vor ihm lebte... Wenn man auch merkte, dass er die wohl noch eine Weile haben würde, denn die nächste Frage, die er stellte, lies erahnen, was man wohl in einem Bett mit ihm angestellt hatte. Und so versuchte er sich erneut an einem sanften Lächeln. „Also... draußen auf dem Misthaufen ist es mir etwas zu kalt zum Schlafen. Aber die letzte Nacht hab ich da vorn auf dem Stroh und den Fellen geschlafen, mit den Hunden zusammen, das war bequem. Das Bett gehört dir, solange du es brauchst, ich werde nicht mit darin schlafen. Ich kenne das Gefühl selbst, dass es einem so unangenehm ist, mit jemandem das Bett zu teilen... Daher schlafe ich dort und du hier. Ist das in Ordnung für dich? Die Hunde schlafen bei dem Wetter auch in der Hütte, draußen würden sie erfrieren. Der große Graue da, der hat dich übrigens gefunden. Er heißt Jerry, ein Irish Wolfhound und sehr lieb. Du hast ein bisschen Angst vor Hunden, nicht wahr? Das brauchst du bei meinen nicht. Sie werden dir nichts tun, sie halten sich von dir fern, wenn du nicht willst, dass sie dir zu nahe kommen. Aber sie freuen sich über jede Streicheleinheit“ Salem war sichtlich stolz auf seine Tiere, die er alle selbst heran gezogen hatte. Wenn er auch oft genug Welpen abgab, die dann an Jäger, Förster oder auch Bauern abgab. Nur sehr selten kam auch ein Hund an eine ganz normale Familie, da seine Tiere arbeiten wollten... „Nun, jetzt, wo du einigermaßen wach bist, würde ich dir eine schöne Kraftbrühe aufsetzen, die schmeckt gut und überfordert den Magen noch nicht zu sehr. Ruh dich noch ein wenig aus, es wird eine Weile dauern. Trink noch deinen Tee aus, wenn du noch mehr Honig drin haben willst, dann kannst du dir ja welchen rein machen“ Ein letztes Mal lächelte der Werwolf noch, bevor er aufstand und zunächst in seine Kochnischen-Küche ging, um schon mal alle Zutaten für die Brühe vorzubereiten. Das gute war, Brühe brauchte zwar lang, war aber einfach zuzubereiten. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 25.06.19 0:34 | |
| Carney war etwas überrascht, als es keine Widerworte gab. Salem nickte einfach und ging in die Küche, um den Honig und die Salbe zu holen. Das ließ den verängstigten Burschen doch etwas verwirrt zurück. Er hatte so sehr damit gerechnet, dass man ihm selbst diesen einfachen Wunsch verwehren würde, aber nein, er bekam sogar einen ganzen Honigtopf. Carneys Augen wurden ziemlich weit und er starrte Salem etwas ungläubig an, während er beobachtete, wie man etwas Honig in seinen Tee gab und ihm dann auch wieder bewies, dass es nur Honig war. Carney nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, immer noch völlig perplex davon, dass er endlich mal eine kleine Bitte erfüllt bekam. Misstrauischer wurde er dann aber doch bei der Salbe, da konnte immerhin vieles drin sein und er wusste, dass auch Kräuter giftig sein konnten, daher war er hier erst beruhigt, als Salem sich die Salbe auf den Arm verrieb und ihm dann reichte. Etwas zittrig nach er das Töpfchen entgegen und roch erst einmal probehalber daran, bevor er einen Finger eintauchte und etwas Salbe aufnahm, ehe er die Hand langsam in den eigenen Nacken führte und scheu die Salbe verrieb. Er keuchte leise und verzog das Gesicht, als es anfing zu brennen, aber man hatte ihn ja vorgewarnt. Er beeilte sich allerdings damit, die unangenehme Prozedur hinter sich zu bringen und schob dann die Salbe wieder zu Salem hin und der Werwolf bekam sogar ein schüchternes Lächeln von seinem Pflegling geschenkt. Ja, so langsam schien er zumindest ein ganz kleines Wenig aufzutauen. Von vertrauen konnte man noch lange nicht sprechen, das würde noch lange dauern, aber es war ein Anfang. Salems sanftes Lächeln schien auch seine Wirkung nicht zu verfehlen, denn Carney blieb zwar unruhig, aber er wirkte nicht mehr verängstigt, als man ihm erklärte, wo man schlafen würde und wieder nickte er langsam. Es...sollte für ihn schon in Ordnung gehen, wenn Salem da beim Stroh schlief. Das war weit genug weg, damit es ihm zumindest etwas Sicherheit vermittelte. „Ja...ja das geht....also wenn du da drüben schläfst...das...sollte in Ordnung sein.“ Danach wanderte sein Blick zu den Hunden, besonders zu dem Iren, welcher den Namen Jerry zu tragen schien. „Er...er hat mich...gefunden? Wie? Und ja...ja....ich...habe Angst vor Hunden...die...im Labor...die haben...“ er verstummte und verkroch sich wieder ein klein wenig mehr in seiner Decke. Er wollte sich nicht vor Salem oder den Hunden verstecken, aber vielmehr vor den bösen Erinnerungen, die ihn wieder einholen wollten. „Die Hunde bleiben da sitzen? Die...die kommen nicht einfach zu mir....ehrlich?“ Gut, wenn das so war, dann würde er die Hunde in der Nähe irgendwie ertragen können. Hoffte er zumindest, aber garantieren konnte er für nichts. Carney horchte nur ein wenig auf, als Salem etwas davon erzählte, dass man ihm eine Brühe bereiten würde und er nickte scheu. Eigentlich hatte er ja gar keinen Hunger, aber andererseits...Brühe war ja nichts zum Essen, eher zum Trinken...das sollte gehen. Und sie wäre warm und würde ihn aufwärmen, so wie es der Tee tat, nach welchem er griff. Kurz wanderte sein Blick zwischen Salem und Honigtopf hin und her, bevor er den Deckel abnahm und dann ganze drei weitere Löffel Honig in den Tee gab. Man würde ihm doch nicht böse sein, wenn er sich so viel Honig nahm? Salem hatte ja nichts gesagt und notfalls hoffte man einfach, dass es nicht auffallen würde. Carney jedenfalls genoss nun seinen nach Honig schmeckenden Tee und trank ihn langsam und sichtlich genüsslich. Wenn Salem weiter so freundlich zu ihm blieb, dann konnte man es sicher ganz gut mit dem Hünen aushalten, bisher hatte man ihm ja noch nicht weh getan, das war schon ungewohnt genug. Immer, wenn irgendwer zu ihm gekommen war, hatte man ihm auf irgendeine Art und Weise weh getan, körperlich oder einfach nur psychisch. Den nun leeren Becher Tee stellte er wieder ab und dann rollte er sich müde um seine Wärmflasche zusammen und schloss die Augen, man hatte ja gesagt, er solle sich ausruhen und er war ja auch so furchtbar müde. Da war es kein Wunder, dass Carney auch sehr schnell wieder einschlief und das zunächst tatsächlich auch recht ruhig, aber der Friede sollte so nicht lange anhalten, denn bald hörte man wieder erst ein leises Winseln und Wimmern und letztlich zu einem leisen Schluchzen wurde. Zumindest fing er aber nicht an, wieder um sich zu schlagen oder zu schreien. Er zuckte einfach nur heftig zusammen und war dann wieder wach und sah sich hektisch um. Er war....immer noch in der Hütte, bei diesem Mann und den Hunden, das war gut...es war zumindest besser, als wieder zurück an diesem furchtbaren Ort in seinen Träumen zu sein. „Salem....bekomme ich noch etwas Tee?“ erklangt dann auch mit einem leisen Schluchzen Carneys Stimme. Tee hatte ihn vorhin schon beruhigt, es würde sicher wieder helfen. |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 17.07.19 18:29 | |
| Salem hatte schon so manchen geprügelten Hund übernommen und auch in der Stadt, in die er selten ging, hatte er schon einige Straßenhunde gesehen, die sich genauso wie Cadbey verhielten. Die einen misstrauisch ansahen, wenn man ihnen ein Stück Fleisch hinhielt oder eine Schale Wasser hinstellte. Arme, gequälte Seelen, die nie ein gutes Wort oder eine liebe Geste erfahren hatten. Cadbey war ganz genauso und Salem war zwar unsicher, wie er mit dem Knaben umgehen sollte, aber er orientierte sich an dem, wie Kovazh ihn damals behandelt hatte und daran, wie er mit den ab und an aufgenommenen Hunden umging. Das würde schon irgendwie helfen, solange der Junge verstand, dass Salem ihm nichts böses wollte. Dem Werwolf graute es jetzt schon davor, wenn es daran ging, die Verbände zu wechseln, das würde noch viel Geduld erfordern und dennoch ein riesiges Geschrei verursachen. Salem sagte sich immer wieder, dass er sanft bleiben musste, unendlich ruhig, sonst würde der Junge nicht überleben. Er war so schon näher am Tod als am Leben, schien sich selbst aufgegeben zu haben. So wie Salem damals, aber man hatte auch ihm einen Grund zu leben gegeben. Allmählich verstand er auch, wie Kovazh sich gefühlt haben musste, denn als Carney ihm tatsächlich ein kleines, sehr schüchternes Lächeln schenkte, ging ihm beinahe das herz auf. So langsam verstand der Knabe also, dass Salem ihm nichts böses wollte und im Gegenteil helfen konnte, dass es ihm bald besser ging. Vielleicht konnte man dem Jungen ja doch ein bisschen, ein wenig Lebensmut einflößen. Zumindest war er so selbstbewusst gewesen, dass er Salem darum bat, nicht im Bett zu schlafen. Der Wolf konnte das nur allzu gut verstehen. Wenn man so viel durchgemacht hatte wie der Knabe, auch was gewisse Berührungen anging, dann wollte man niemanden in seinem privatesten haben. Es war auch kein Problem für den großen Waldhüter, sich auf dem weichen, sauberen Stroh und ein paar Fellen zusammen zu rollen. Seine Hunde hielten ihn warm und es war eigentlich wirklich bequem. Sein dürres Pflegekind sollte das Bett so lange bekommen wie es wollte und brauchte. „Im Labor?“ Das Wort hatte er schon mal gehört... und es war nicht wirklich gut, auch ausgehend von dem, wie der Junge zitterte. Salem hätte ihn gerne ein wenig gestreichelt, aber das wäre wohl kontraproduktiv gewesen. „Egal, was die da gemacht haben, meine Hunde sind brav und gehorsam. Sie werden nicht zu dir kommen. Außer du rufst sie. Ich war mit einigen in der Stadt und habe Besorgungen gemacht. Jerry fing dann an zu bellen und zu schnüffeln und ist in die Gasse gelaufen. Und da hast du dann gelegen. Ohne ihn hätte ich dich nicht gefunden“ Er streichelte dem grauen Iren, der etwas dümmlich aussah wie er da so hechelte und fast stolz zu grinsen schien, über den langen Hals. „Ja Jerry, bist ein guter Junge, ein braver Junge. Ein paar von meinen Hunden können sogar kleine Tricks. Wenn... dich das aufheitert, kann ich sie dir zeigen. Aber alle werden brav auf ihren Plätzen bleiben. Manchmal werden sie zur Wasserschüssel gehen und ich werde sie nachher füttern, aber keiner kommt zu dir wenn du das nicht willst“ Was hatte man ihm in diesem Labor angetan? Es musste mindestens so schlimm gewesen sein wie das, was Salem so viele Jahrzehnte als ein Gladiatoren-Sklave ertragen musste. Wer könnte den Knaben wohl also besser verstehen als der Werwolf? Er hatte auch nicht weiter beachtet, wie viele Löffel Honig sich Cadbey in den Tee machte. Sicher war Honig für ihn ein wertvolles Gut, aber er war eben auch heilend, sorgte für eine gute Kalorienzufuhr und verhinderte Entzündungen. Der Knabe trank und nahm so gleichzeitig etwas zu sich. Das war gut, sogar sehr gut, es würde sich schon alles ordentlich entwickeln. Salem beobachtete mit Wohlwollen und einem seichten Lächeln aus der Küche heraus, wie Cadbey schließlich doch um die Wärmflasche herum eingerollte zur Ruhe kam und einschlief. Die Hunde legten sich selbst lang, einige schlummerten vor sich hin, andere beobachteten ihr Herrchen dabei, wie er das Fleisch vom Knochen löste und zerteilte, das Fett abschnitt, das Gemüse in grobe Stücke haute und schließlich alles mit Wasser bedeckt in den großen Kessel gab, um es mit Salz und Kräuter kräftig auf zu kochen. Während Cadbey schlief, hängte er den kleineren Kessel ebenfalls über das Feuer, ging kurz nach draußen und holte neues Wasser aus dem Brunnen, um heißes Wasser zu haben, wenn der Knabe aufwachte. Vielleicht musste er dann die Wärmflasche auffüllen oder er wollte Tee oder vielleicht sich waschen. So oder anders war es klug, warmes Wasser im Haus zu haben. Cadbey schlief einige Zeit ruhig, dann fing er an zu winseln und wimmern, schluchzte und zuckte schließlich im Schlaf. Er musste schlecht träumen und Salem hätte ihn am liebsten in den Arm genommen und getröstet. Aber das hätte den Jungen nur noch mehr in Panik versetzt. Er biss sich auf die Unterlippe, rührte die mittlerweile schon gut duftende Brühe um und lauschte schließlich wieder, als ein dünnes Stimmchen nach Tee fragte. Salem atmete etwas auf, da er schon befürchtet hatte, Cadbey hätte vergessen, wo er war und dass Salem ihm wohlgesonnen war. „Natürlich, so viel Tee du willst, Cadbey. Wieder mit Honig?“ Er stand langsam auf und ging zur Küche, um die Kräuter zu holen, in die Tasse vom Nachtstand zu legen und dann mit dem heißen Wasser aus dem kleinen Kessel zu übergießen. „Die Brühe ist auch bald fertig. Das ist dann fast so wie Tee trinken, es wird sehr gut schmecken“ Salem blies über die heiße Wasseroberfläche. „Ist noch heiß. Ich lasse ihn stehen, damit er abkühlt. Soll ich die Wärmflasche vielleicht auffüllen? Und... wenn du es zulässt, würde ich dann auch vor der Nacht die Verbände prüfen und wechseln. Dafür werde... ich dich anfassen müssen. Ich werde sehr vorsichtig sein und immer mit dir reden. Ich werde... mich immer so hinsetzen, dass du mich sehen kannst. Ist... ist das okay für dich? Ich... will nur nicht, dass sich etwas entzündet, dann hättest du noch mehr Schmerzen, es würde wieder schlimmer weh tun. Du kannst... auch versuchen, dich dann selbst zu verbinden, bei manchen Sachen, Cadbey...“ Der Werwolf kratzte sich wieder etwas verlegen im Nacken und sah den Knaben unsicher an. War das zu viel? Er würde es nicht mehr ansprechen, wenn der Kleine nicht wollte. Er würde auf Cadbey Rücksicht nehmen, aber gleichzeitig wollte er ihm Schlafkräuter geben, damit er einschlief und er ihn dann verbinden konnte. Aber dann hätte er das sachte, aufkeimende Vertrauen schon wieder missbraucht und das wollte er erst recht nicht.... Es war verzwickt. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 24.08.19 21:25 | |
| Er hatte kaum seine Frage zu ende gestellt, da kam auch schon die ruhige und sanfte Antwort des Riesen zurück, er wurde sogar danach gefragt, ob er wieder Honig im Tee haben wollte. Zitternd nickte er natürlich und blickte mit großen, noch immer ängstlichen und schlaftrunkenen Augen zu Salem auf. „Das...wäre nett. D-danke..“ stotterte er leise hervor und rang sich zu einem kleinen Lächeln durch. Es war wirklich nett, wie man hier mit ihm umging. Man war noch kein einziges mal grob oder laut zu ihm geworden und er bekam sogar so viel Tee mit Honig, wie er wollte! Das war...luxus für Carney und eine Wohltat für seine verstörte Seele. Einfach nur dieses bisschen Freundlichkeit, von dem er immer noch nicht so recht glauben wollte, dass es tatsächlich nicht gespielt war. Das es nicht nur dazu dienen sollte, ihn einzulullen, damit man ihm hinterher nur umso mehr weh tun konnte. Sicherlich war irgendwo ein Haken versteckt, allerdings hatte er ihn noch nicht gefunden und dennoch...es gab immer eine Schattenseite...immer einen bösen Hintergedanken. Man war immerhin nicht ohne Preis zu ihm so nett. Vielleicht...wartete dieser Hüne nur darauf, dass er wieder ein wenig besser beieinander war, bevor er ihm zu Diensten sein musste. Wahrscheinlich hatte er nur Angst, dass man ihm im Moment zu schnell kaputt gehen würde, wenn man ihn jetzt sich nehmen würde. Er schluckte und vergrub die Finger fest in der Decke, rollte sich noch mehr um die Wärmflasche herum, soweit es seine Verletzungen zu ließen und schloss einen Moment lang fest die Augen. Er wollte so sehr, dass er sich diesmal irrte, dass man diesmal wirklich nett zu ihm war, ohne ihn hinterher zu schlagen und missbrauchen zu wollen. Langsam öffnete er die Augen wieder, als er Salems ruhige Stimme erneut hörte und er etwas von Brühe redete. Ach ja, genau, man hatte ihm ja vorhin erzählt, dass man Brühe für ihn kochte. Er nickte scheu und überlegte dann kurz. Die Wärmeflasche war eigentlich noch ziemlich warm und so verneinte er leise die Frage. Was danach kam, das ließ ihn dann allerdings nach und nach erstarren und sich wieder verkrampfen. Die Verbände wechseln...ihn anfassen... das hieß, dass man ihn dafür natürlich auch würde ausziehen müssen und dann wäre er...schutzlos. So völlig schutzlos und entblößt, vor einem Fremden Mann. Ein dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle und er verkrampfte die Finger immer fester in der Bettdecke, während in seinem Kopf sich wieder Szenen abspielten. Szenen, an die er nicht mehr denken wollte. Rauhe Hände, die ihm die Kleidung vom Körper rissen, ihn grob auf diesen kalten Metalltisch fest pinnten … Er bemerkte nicht, wie er wieder anfing zu Hyperventilieren und wie Espenlaub zu zittern. Nein, er wollte das nicht...er wollte das einfach nicht. Er wollte nicht angefasst werden, von niemanden. Das man ihm das Angebot unterbreitete, dass er sich ja auch selbst bei manchen Dingen verbinden konnte und Salem mit ihm reden und alles erklären würde, das kam nur noch bedingt zu ihm durch. Tränen sammelten sich in Carneys Augen und er presste die Lippen fest zusammen, aber es hinderte das Schluchzen nicht daran, doch einen Weg nach draußen zu finden. „Nein..“ , krächzte er leise. „Nein...nicht anfassen...ich kann..nicht...ich will nicht...“ Schwach schüttelte er den Kopf und starrte auf die Bettdecke hinab. Ihm wurde schlecht beim bloßen Gedanken, zugleich wusste er jedoch auch, dass er keine andere Wahl haben würde. Er verstand noch so viel, dass seine Verletzungen behandelt werden musste und dazu würde er sich zwangsläufig anfassen lassen müssen...nur er konnte es einfach nicht. Noch nicht, oder? Er sah langsam zu Salem auf, sah zu diesem Mann, der ihn aufgenommen hatte und selbst so unsicher da stand und sich im Nacken kratze. Würde dieser ihm wirklich weh tun? Dieser riesige Kerl, der doch selbst so schlimmes damals erlebt hatte, so wie er es ihm erzählt hatte. Der ihn vielleicht mehr verstand, als Carney es im Moment wahrhaben wollte... Er atmete zitternd durch und wog das für und wider ab, bevor er dann doch zaghaft nickte. „Du...du darfst...aber nur...oben... und die Beine. Ich...behalte die Hose an!“ Das waren seine Bedingungen fürs erste. Es war wohl ziemlich mutig, in seiner Situation Forderungen zu stellen, aber anders würde er sich nicht verarzten lassen. Nicht freiwillig zumindest. Also kratze er den letzten Rest verzweifelten Mutes zusammen und sah Salem fest in die Augen – so sehr es diese verzagten und scheuen blauen Augen eben konnten. „D-den Rest mache ich selbst, aber du musst dann solange raus. Ich...mag nicht, dass dann jemand hier ist und...mich sieht..“ |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 25.08.19 23:32 | |
| Es war furchtbar, den armen zugerichteten Burschen so sitzen zu sehen, wie er zitterte und beinahe verkrampfte bei dem Gedanken, dass ihn jemand berührte. Und Salem hätte ihn auch nie gegen seinen Willen angefasst, außer es wäre notwendig geworden. Und eigentlich wäre ein Verbandswechsel sehr notwendig, mit infizierten Wunden spaßte man nicht... Gerade bei einem so ausgezehrten Körper. Aber andererseits, wenn der Kleine sich wehrte, dann könnte das alles nur schlimmer machen. Und wenn er ihm Schlafkräuter gab und ihn dann heimlich verband, würde der Knabe vielleicht nichts mehr anrühren, was Salem ihm gab. Wie nur kam er aus der Situation? Cadbey hatte solche Angst davor, dass Salem ihn anfasste... Er konnte ihm das doch nicht antun. Würde der Junge überhaupt wieder glücklich werden in diesem Leben?... Wäre es vielleicht das Beste, wenn er schnell und schmerzlos... Nein! Salem schalt sich selbst in Gedanken für diese absolut unsinnige Überlegung! Niemals, der arme Kleine hatte es so weit geschafft, war gerade auf dem Weg der Besserung, ihn jetzt gehen zu lassen wäre eine Niederlage, die Salem nicht gewillt war, einzugehen. Nein, er würde dafür sorgen, dass Cadbey sich wieder aufraffte und einen Sinn im Leben fand, dass er lernte zu vertrauen und sich versorgen zu lassen. Und vielleicht... hieß das auch, dass er wieder Freude am Leben fand. Doch erstmal musste er gesund werden und das ging nur, wenn er Salem an die Verletzungen ließ. Wie konnte der Werwolf es nur schaffen, dass der Junge seine Wunden behandeln ließ? Er musste Vertrauen aufbauen... nur wie sollte er das erreichen? Er durfte sich ja auch nicht zu viel Zeit lassen... doch gerade, als es noch in seinem Hirn ratterte, stimmte Cadbey tatsächlich zu, sich behandeln zu lassen! Und erleichtert atmete Salem auf. Er staunte sogar, dass der schüchterne kleine Junge sogar Forderungen stellte - die natürlich sein gutes Recht waren. Jetzt musste Salem nur richtig reagieren... Er nickte erst einmal und lächelte wieder. "Ja, natürlich. Nur... nur die Arme und den Oberkörper. Und... die Beine nur bis zu den Knien. Ja? Die Hose bleibt an. Und ich geh... einfach mit den Hunden raus spazieren, während du den Rest allein machst. Ich... ich lass dir alles da. Und ich werd dann klopfen, wenn ich mit den Hunden wieder da bin. Erst, wenn du es sagst, komm ich dann auch wieder rein. Versprochen. Ja, so machen wir das, das ist gut. Danke, ich... ich hatte schon Angst, dass du es gar nicht willst... dann wäre es noch schlimmer geworden und du hättest noch mehr Schmerzen gehabt... Aber wir machen es so. Nach dem Essen sehe ich mir deine Wunden an, also wie wir es ausgemacht haben. Dann gehe ich raus und behandelst den Rest allein" Er nickte wieder zu sich. Hoffentlich hatte er Cadbey nicht verschreckt mit seiner Rede, er war nur selbst noch so unsicher, wie er am besten einen positiven Eindruck hinterlassen konnte. Wie er ihn bestärken konnte, mehr zu verlangen und ruhig mutiger zu sein. Wie hatte Kovazh das nur bei ihm geschafft... Er atmete noch einmal tief durch und ging dann zum Kamin, auf dem zwei Schüsseln standen. Cadbey würde kaum eine ganze Schüssel Brühe essen, aber ein paar Kellen voll bekam er vielleicht runter. Salem achtete darauf, dass keine großen Stücken oder allzu viel Fett in der Brühe schwammen, als er Cadbey ein wenig abschöpfte und es ihm langsam auf den Nachtschrank stellte. "Lass es noch ein bisschen abkühlen. Ich nehm mir auch gleich was, dann siehst du, dass es nicht vergiftet ist... Ich hoffe es schmeckt dir. Es wird dir helfen, gesund zu werden" All die Freundlichkeit musste den Knaben völlig überwältigen... Salem konnte sich noch an Kovazh erinnern, der nicht locker gelassen hatte, egal wie sehr Salem ihn angeknurrt und angebrüllt hatte. Auch der Wolfsmann hatte seine Schwierigkeiten damit gehabt, ein bisschen nett in seinem Leben zu akzeptieren. Wie musste es erst diesem verstörten Kitz in seinem Bett gehen? Er war ja noch ärger zugerichtet... Oder kam es Salem nur ärger vor, weil er sich kaum noch an diesen Tag am Meer erinnern konnte? Er lud sich selbst etwas Brühe mit Fleisch und Gemüse in seine Schüssel, wobei er das Gefäß fast bis zum Rand füllte. Andere hätten die Schüssel vermutlich eher als Suppentopf bezeichnet... Salem hockte sich im Schneidersitz dann auf den Boden vor das Bett und rührte mit dem Holzlöffel in seiner Schüssel, bevor er vorsichtig etwas von der Brühe kostete, um zu zeigen, dass sie nicht vergiftet war. Oder hätte er eher aus Cadbeys Schüssel essen sollen? "Wenn du willst, probier ich aus deiner Schüssel auch. Ich... kann verstehen, wenn du skeptisch bist. Ich war das früher auch, weil... man mir auch oft was ins Wasser getan hat. Aber das mach ich hier nicht. Das beweis ich dir auch gerne" Hauptsache, der Kleine nahm was anderes, als Tee mit Honig zu sich. Auch wenn der vorerst ein Anfang war... |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 18.10.19 21:56 | |
| Carney war so...unglaublich überrascht, dass keine Widerworte auf seine Forderungen kamen, dass es ihn ein wenig aus der Bahn warf. Salem stimmte einfach zu, machte sogar selbst noch weitere Vorschläge, die Carney sehr entgegen kamen und der junge Bursche saß da und war...baff. Er hatte mit dem völligen Gegenteil gerechnet. So starrten diese blauen Augen nur für einige lange Momente zu Salem auf, ehe er langsam nickte und schluckte. „Das...das klingt gut. Ja...ja so machen wir das. Das ist in Ordnung, wirklich. D-danke...“ stotterte er hervor und konnte es noch immer nicht so recht fassen. Er war so viel Verständnis und entgegenkommen einfach nicht gewohnt, hatte es noch nie erfahren – zumindest konnte er sich nicht daran erinnern. Es trieb ihm fast schon wieder die Tränen in die Augen und er starrte auf die Bettdecke hinab. Er war das alles doch überhaupt nicht wert, diesen ganzen Stress, den Salem sich mit ihm machte. Warum tat dieser Mann das nur? War es wirklich einfach nur pure Gutherzigkeit? Er konnte es nicht sagen und es war schwer, es einfach so zu akzeptieren. Man konnte doch nicht einfach lieb und gut zu ihm sein. Er blickte Salem hinterher, auch wenn der Umriss des Mannes bald verschwamm, als er in die Küche trat. Er sah entsprechend auch nicht, was genau Salem dort gerade tat, aber als dann der Geruch der Brühe langsam an seine Nase trat, da wurde es ihm klar. Man würde sicher von ihm verlangen, dass er etwas aß...nur...jetzt wo man die Schüssel neben dem Bett abstellte und der Geruch hinüber wehte...da wurde ihm mit einem mal furchtbar schlecht. Er...verband mit Essen nichts gutes. Man hatte ihm immer Teller mit den Resten aus der Küche hingestellt, aber sobald er sie auch nur angefasst hatte, hatte man ihm Stromschläge gegeben oder man hatte das Würgehalsband zu gezogen, so dass ihm die Bissen fast im Hals stecken geblieben wären, weil er nicht mehr hatte Schlucken können. Unsicher blickte er Salem an, der selbst etwas aß und ihm wieder erklärte, dass man ihm nichts ins Essen gemischt hatte, weil er das nicht tat, nachdem wohl jemand das auch bei ihm getan hatte. Und auch wenn Salem nicht so wirkte, als ob er etwas schlechtes im Sinn hatte, so drehte sich Carney doch beim Gedanken an etwas zu Essen der Magen fast um. Zugleich fürchtete er eine Strafe und darum streckte er die zitternden Hände nach der Schüssel auf, nahm sie auf und sah eine Weile einfach nur auf die Brühe hinab. Er hatte solchen Hunger, so unfassbaren hunger. Er hatte keine Ahnung, wann er das letzte mal etwas richtiges zu sich genommen hatte. Zögernd nahm er den Löffel auf, beugte sich etwas vor und führte ihn langsam zum Mund, in der Intention etwas von der Brühe zu kosten, dann erstarrte er aber und sah Salem an. „Würdest du....würdest du dich umdrehen? Bitte...“ Er gab keine Erklärung dazu ab, hoffte einfach, dass man seiner Bitte nachkommen würde. Erst wenn er sich unbeobachtet fühlen würde, da hob er den Löffel wieder an, führte ihn erneut zum Mund und probierte zaghaft. Die Brühe war warm und schmeckte besser als alles, an das er sich erinnern konnte. Wärme breitete sich in seinem leeren Bauch aus und er löffelte langsam weiter, verspeiste Löffelchen für Löffelchen, bis er die Schale tatsächlich bis zum Grund geleert hatte. Nur...was war, wenn das hier ein Test gewesen war? Wenn man ihn jetzt doch wieder fürs essen bestrafen würde? Er trug zwar kein Halsband...aber man könnte ihm ja auch brennende Dinge in die Wunden reiben, ihn schlagen, von den Hunden anfallen lassen... In Carney Kopf spielten sich die schrecklichsten Szenarien ab und ihm wurde nun erst recht furchtbar schlecht und aus purer Angst, dass man ihm doch etwas tun könnte, wenn er die Brühe bei sich behielt, erbrach er am Ende doch wieder alles... Diese tiefsitzende Angst war einfach zu groß.
|
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 28.10.19 0:45 | |
| Wie viele Jahre Salem hier allein mit den Hunden und den Tieren aus dem Wald schon hauste, konnte er gar nicht so recht sagen. Aber als er auf der Insel angekommen war und die Städte bestenfalls 1000 Mann stark gewesen waren, hatte es weder Strom, noch fließendes Wasser in den Häusern gegeben. Nach und nach hatten sich die Städte dann vergrößert, immer mehr Menschen lebten dort und mehr und mehr hatte Salem sich zurück gezogen. Eigentlich hatte er auch ganz glücklich damit gelebt, niemand behelligte ihn hier und die Hunde hatten ausreichend Platz zum Toben und Wachsen. Natürlich kam er nicht darum herum, regelmäßig in die Stadt zu fahren, Vorräte aufzufüllen und seine eigene Ware zu tauschen. Aber mehr als nötig verkehrte er gewöhnlich nicht mit Menschen... Und jetzt hatte er sich einen völlig verwahrlosten, verstörten und misshandelten Jungen ins Haus geholt, viel mehr ein scheues Reh mit ebenso großen Augen. Aber was hätte er anderes tun können? Der arme Knabe erinnerte ihn so sehr an diese vergrabene Zeit, seine eigene Folter, wie hätte er dieses arme Menschenkind liegen lassen können? Es lag ein hartes Stück Arbeit vor dem Wildhüter, doch so einfach Salem gestrickt war, so fleißig und so hartnäckig war er doch. Er würde nicht aufgeben, er würde bis zum Schluss darum kämpfen, dass sein Pflegling wieder Glück im Leben finden konnte. Und dafür musste er ihn erstmal wieder aufpäppeln. Immerhin schien er dem Essen auch nicht völlig abgeneigt, aber... der Wolf roch und sah sehr deutlich, dass er keine angenehmen Erinnerungen mit Essen verband... vielleicht hatte er immer nur das verrottete, die alten Küchenreste bekommen. Salem hatte erlebt, dass manche der Burschen, die in der Arena eine schlechte Leistung gebracht hatten, mit schlechtem Essen bestraft worden waren. Und so, wie der Junge auf alles um sich herum reagierte, hatte er vermutlich lange nichts vernünftiges mehr im Magen gehabt... Doch seine Frage überraschte dann sogar den Werwolf, der gerade ein wenig Suppe runter geschluckt hatte. Er sollte sich umdrehen?... Nun ja, doch, es machte im nächsten Moment Sinn, vermutlich war ihm einfach unwohl dabei, die ganze Zeit beobachtet zu werden, also kam Salem der Bitte gerne nach und drehte ihm den Rücken zu, um seine Suppe selbst zu löffeln. Während er aß und so vor sich hin sann, dass er noch die Hunde füttern musste, konnte er hinter sich hören, wie Cadbey immer wieder den Löffel in die Brühe tauchte und auch danach schlürfte. Mit einem erleichterten Lächeln nahm Salem also Notiz davon, dass sein Schützling aß und es ihm anscheinend auch schmeckte. Das war gut, er brauchte jetzt alle Nährstoffe, die er kriegen konnte. Natürlich würden sie mit Brühen und Suppen anfangen müssen, mit Honigtees und Breien. Mit vielen kleinen Portionen über den Tag verteilt, aber das würde schon klappen. So schlecht kochte Salem ja nicht, auch wenn es einfache Küche war. Aber immerhin war es nahrhaft und- Er konnte gerade noch rechtzeitig, fast reflexartig, einen Eimer greifen und Cadbey unterhalten, bevor der sich auch schon übergab und die wenige Brühe gleich wieder hochwürgte. Und natürlich seufzte der Hüne im ersten Moment, hielt sich aber nur mit Mühe davon ab, Cadbey über den Kopf zu streicheln. Er beließ es bei einem einfachen „Ach, ist schon gut, ist schon gut“ und schaute sich das Erbrochene ein bisschen genauer an. Er war es von den Hunden gewohnt, dass man da lieber zwei Blicke drauf warf, um Blut und Schleimhautfetzen ausschließen zu können. Diese konnten nämlich auf Gefahr hindeuten. Doch bei dem Kleinen war es wirklich nur ein bisschen Galle und die Brühe. Gut, jetzt musste Salem äußerst behutsam vorgehen, um sein Rehkitz nicht zu verschrecken. „Es ist wirklich toll, dass du dich bemüht hast, aufzuessen“, begann er daher nach einiger Bedenkzeit mit einem Lächeln. „Das war wohl ein bisschen zu viel für dich auf einmal. Das nächste Mal probieren wir es mit weniger Brühe, ja? Ich mache dir gleich einen Tee, der den Magen wieder beruhigt, nachdem ich das hier draußen abgewaschen habe... Wollen wir mal was versuchen? Bevor ich wieder rein komme, werde ich klopfen und warten, bis du herein sagst. Ja? Wir üben das schon mal, dann weißt du, dass ich nichts mache, was du nicht willst. Gut?“ Sollte er noch etwas sagen? Mit Worten war er nicht sehr geschickt... „Uhm... es... es ist auch nicht schlimm, dass du dich übergeben musstest, ist es wirklich nicht. Dir hat das Essen geschmeckt und du hast aufgegessen, das ist super. Das kann passieren, du... hast viel durchgemacht. Ich bin dir wirklich nicht böse, ich bin froh, dass du dich zum Essen bewegen konntest. Ich bin sehr froh, dass du aufgegessen hast... Gut gemacht“ Zögernd streckte er Carney die offene Hand hin, die Handfläche nach oben. Er berührte ihn nicht, er hielt auch gegebenen Abstand. Aber er gab ihm die Möglichkeit, ihn anzufassen und zu erkunden, damit er nicht nur von Salem berührt wurde, was er anscheinend mit sehr bösen Erinnerungen verband... Er wollte nicht das Schreckgespenst für diesen Jungen sein, der große böse Riese. Er wollte ein Freund sein. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 21.12.19 22:05 | |
| Carney griff zitternd nach dem Rand des Eimers, den Salem ihm unterhielt und würgte erst einmal alles wieder hoch, mit Tränen in den Augen und erneut zitternd. Er...hasste dieses Gefühl beim Erbrechen und den Geschmack, aber er hatte einfach so furchtbare Angst, dass es Konsequenzen geben würde, wenn er aß. Entsprechend blickte der junge Bursche auch zunächst einfach nur verängstigt auf die Bettdecke hinab, als alles wieder hochgekommen war und Salem einen Blick darauf warf. Sann der Hüne jetzt darüber nach, welche Strafe er ihm zukommen lassen konnte? Es war durchaus schon das ein oder andere mal vorgekommen, dass man ihn gezwungen hatte, sein Erbrochenes wieder zu essen. Das sachte „Ach, ist schon gut“ verwirrte Carney daher durchaus etwas und ließ ihn scheu aufblicken. Meinte Salem das ernst? Würde...er ihm jetzt nicht böse werden? Nein, ganz und gar nicht wie es schien – man lobte ihn sogar dafür, dass er zumindest versucht hatte, etwas zu sich zu nehmen. Man...man lobte ihn tatsächlich und lächelte ihn dabei an. Salem dachte, er hätte sich erbrochen, weil es zu viel für ihn gewesen wäre. Oh Gott, wie sollte er sich jetzt erklären? Wie sollte er ihm erklären, dass es gar nicht an der Menge gelegen hatte – denn die hatte Salem durchaus gut abgeschätzt – sondern einfach an seiner Panik? An dem, was man ihm vorher angetan hatte? Weil er für einen Moment geglaubt hatte, Salem würde ihm das selbe antun. Wie sollte er ihm das erklären, ohne dass er enttäuscht sein würde? Leise schluchzend und unter Tränen blickte Carney zu dem riesigen, freundlichen Mann hoch, der ihn weiterhin bekräftigte und aussprach, wie toll er es fand, dass er zumindest ein wenig versucht hatte zu essen und dass es nicht schlimm sei, dass er sich hatte erbrechen müssen. Ein weiteres ersticktes Schluchzen entkam ihm und auf den Vorschlag mit dem Klopfen nickte er nur noch, die Finger wieder fest in der Decke vergraben und diesmal wurde ihm aus schlechtem Gewissen ganz flau im Magen. „Ja....es...es hat geschmeckt...sehr sogar...es tut mir so leid..du hast dir so Mühe gemacht und ich...es tut mir so leid..“ , krächzte Carney leise hervor und blinzelte sich die Tränen aus den Augen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal ernsthaft und aufrichtig so gelobt worden war und irgendwie...tat es seiner kleinen, verletzten Seele ganz gut. Es bestärkte ihn ein klein wenig und zeigte ihm, dass der Mann vor ihm es wohl wirklich einfach nur gut mit ihm meinte. Als dann Salem die riesige Hand ausstreckte und einfach nur verharrte, da blickte Carney zunächst doch sehr unsicher und unschlüssig auf diese hinab und dann wieder hoch zu Salems Gesicht, bevor er tief durchatmete und dann langsam, zitternd die eigene schmale Hand ausstreckte und in Salems legte. Zunächst nur ganz kurz, die Hand direkt wieder zurückziehend und dann wartete er einen Moment, bevor er sie wieder ausstreckte und erneut in die warme , raue Handfläche legte. Hände voller Schwielen und Narben, teilweise ein wenig Dreckig von der Arbeit draußen im Wald. Seine eigene Hand wirkte so...zierlich in der Handfläche des Wildhüters. Starke, kräftige Finger neben langen, knochigen. Einige Augenblicke ließ Carney die eigene Hand einfach locker liegen, jederzeit bereit, sie wieder zurückzuziehen, bevor er begann, die Finger neugierig erkundend über Salems Handfläche wandern zu lassen. Hier und da spürte er auch ein paar halb verheilte Schürfwunden, Kratzer und mal größere und auch kleinere Narben – von der Arbeit hier im Wald, oder noch aus viel älterer Zeit? Salem hatte ihm ja erzählt, dass man ihm auch sehr weh getan hatte vor vielen,vielen Jahren. Ein klein wenig mehr Mut fassend legte er auch die zweite Hand dazu und seufzte leise. „So warm.“, entkam es ihm und er lächelte für einen kurzen Herzschlag. Salem war wirklich sehr, sehr warm und es tat gut, denn in seinen Fingern wollte die Wärme irgendwie nicht bleiben. Sobald er sie von der Wärmeflasche nahm, wurden sie wieder kalt und Salem war ja fast genauso warm. So saßen sie also nun da, der große Wildhüter und sein kleines, scheues Reh, welches zumindest für diesen kostbaren Augenblick seine Scheu ein wenig vergessen zu haben schien und einfach nur die menschliche Wärme genoss, die es so lange nicht mehr zu spüren bekommen hatte. Ein Anblick, bei dem es einem durchaus warm ums Herz werden konnte, so warm, wie es nun auch Carney wurde, der sogar scheu die Finger um die angebotene Hand schloss und dann schwer schluckte, denn er musste sich doch noch erklären! „Das....das war nicht zu viel Essen...ich hatte nur Angst...vor Bestrafung....wenn ich...wenn ich es drin behalte. In..in dem Labor...da...da durfte ich nichts essen...haben...Stromschläge gegeben..oder gewürgt...wenn ich das Essen angefasst habe, dass sie mir hingestellt haben... Ich hatte einfach nur Panik...und hab deswegen wieder alles hochgewürgt..“ , gestand er leise, denn das war er Salem wohl schuldig. Man hatte sich so viel Mühe gemacht und extra für ihn gekocht und Salem sollte doch nicht danken, dass er undankbar wäre! |
| | | Salem Kovazh
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 20.01.20 13:09 | |
| Salem war vielleicht das Beste, was dem verschreckten kleinen Kitz vor ihm hätte passieren können. Denn der Riese war zwar stark und man sollte ihn nicht übermäßig reizen. Aber selbst wenn man ihn ärgerte, es dauerte sehr lange, bis der ruhige Werwolf wirklich die Geduld verlor. Dafür hatte man ihn nicht gerade mit viel Intelligenz gesegnet, würde sich selbst nicht einmal als klug bezeichnen. Aber er war sanft und geduldig, er konnte sich zurück halten und eine Situation mit viel Empathie betrachten. Seine stille Art und der immer etwas finstere Blick wirkten sicherlich hin und wieder abschreckend auf andere, doch niemals wies Salem jemanden von seiner Schwelle, der Hilfe benötigte. Wer mit ihm sprach, der würde zwar auf knappe, aber freundliche Antworten stoßen. Und dieser kleine Knabe, der so zerbrechlich, verstört und bar jeden Vertrauens auf seinem Bett saß, verdiente doch Freundlichkeit und ein gutes Herz mehr als jeder andere, den der große Werwolf kennengelernt hatte – vielleicht mit Ausnahme von Kovazs, aber der war tot. Er hätte den kleinen Cadbey auch aufgenommen. Aber es brach Salem das Herz, wie ängstlich der Kleinere ihn ansah und regelrecht um Verzeihung bettelte... Er hatte doch nichts falsch gemacht. Aber übel nehmen konnte Salem ihm das doch nicht. Von dem, was sich Salem bisher zusammen reimen konnte, war sein Schützling schwer misshandelt worden. Seine Verletzungen waren auch sicher nicht nur durch die Flucht gekommen. Salem hatte Schnitte, Schläge, Brandwunden und Würgemale identifiziert. Und sollten diese Kerle ihm je in die Pfoten fallen, würde er sie zerreißen wie eine Wildschweinbache, die ihre Frischlinge verteidigte. Doch genug der gewalttätigen Gedanken. Nun hielt er still, während er Cadbey den Raum ließ, seine Hand zu berühren. Selbst, als der Junge noch zurück zuckte, ließ er ihn gewähren, bot ihm weiter an, sich ihm zu nähern. Sein kleines Reh war scheu und wie ein geprügelter Hund, auch diesen musste man den Raum lassen, selbst zu entscheiden. Die langen Jahre an der Seite der bellenden Gefährten hatten den ehemaligen Zigeuner wesentlich sensibilisiert. Cadbeys Hände wirkten so zierlich, fast dürr gegen seine Pranken, die schwere und raue Arbeiten gewohnt waren. Und wie er ihm über die vielen, kleinen und größeren Narben strich, versuchte Salem sich an deren Ursprung zu erinnern. Viele davon waren Spuren der Arbeit, Abschürfungen, kleine Schnitte... Aber auch Bisswunden und nicht alle davon stammten von den Waldtieren. Hier und da konnte er sich noch an die Zeit erinnern, die vor seinem Leben als Wildhüter gewesen war. Doch das war jetzt nicht wichtig. Viel wichtiger war dieses kleine, oh so kurze Lächeln gewesen, die zarten Finger, die sich um seine grobe Hand schlossen, das sanft aufkeimende Vertrauen... Die Saat war gepflanzt. Eine Erklärung hätte Salem eigentlich nicht gebraucht, so dachte er jedenfalls, als er die vertrauten Minuten zwischen den beiden genoss. Es war lange her, dass sich jemand so in seinen Schutz begeben hatte. Und dieser spezielle, gute Jemand war sogar kooperativ, erklärte sich und sein Handeln, beinahe unter Tränen und in vollem Bedauern. Die Grausamkeit, die ihm angetan worden war, stieg durch seine Erzählungen beinahe ins Unermessliche... Nicht einmal Essen hatte man dem armen Jungen gelassen. „Hier... wirst du immer essen dürfen, wenn du es willst“, sagte er leise, man konnte die Erschütterung hören. „Ich werde... versuchen, kleine Sachen zu kochen. Suppen und Brei, mit vielen guten Kräutern drin. Und du wirst so viel essen dürfen, wie du es willst. Und so viel du verträgst. Es ist... also auch nicht schlimm, wenn du wenig isst. Wichtig ist, dass du etwas isst und es dir schmeckt. Du... darfst hier entscheiden, wir werden immer Kompromisse finden. Es wird sicher alles gut, davon bin ich überzeugt“ Er lächelte sanft, versuchte sich an einem zuversichtlichen Blick und Ehrlichkeit. „Ich gehe jetzt hinaus, wasche den Eimer aus und dann werde ich dreimal an die Tür klopfen. Ich werde nicht eher hinein kommen, bis du es mir erlaubst, außer du wärst in großer Gefahr. In Ordnung? Ich bin nur draußen am Brunnen. Und wenn du rufst, komme ich zurück. Keine Angst mehr... ich beschütze dich, Cadbey. Versprochen“ Die Hand hatte er indes offen behalten, keine unbedachte Bewegung sollte den Knaben, dessen Haut sich so kalt anfühlte, von sich verschrecken. |
| | | Carney Farquharson
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh 16.05.20 21:37 | |
| Irgendwie kam ihm das alles hier vor wie ein unwirklicher Traum, nach all den dunklen Jahren, die nur aus Schmerz bestanden. Hier war es warm, er bekam eine Wärmflasche und dieser Riese namens Salem war so unheimlich freundlich zu ihm. Das konnte alles sicher nicht wahr sein...gab es so freundliche Menschen überhaupt? Selbst wenn das alles hier nur ein Traum war, er wollte ihn genießen und so drückte er scheu Salems warme Hand und hörte dessen Erklärung still zu. So viel Essen wie er wollte, immer frisch und warm...das war so schön, auch wenn er mit Sicherheit sehr oft sich noch erbrechen würde, aber allein die Tatsache, dass Salem ihm das nicht übel nahm raubte ihm ein klein wenig seiner Angst. Man würde ihn weder für das Essen schlagen, noch dafür, dass er es nicht bei sich behielt und für andere Dinge schlug man ihn auch nicht, das hatte man ihm versprochen. Er wusste zwar noch nicht, ob dem wirklich so war, aber er wollte es glauben, so sehr. Er wollte wieder die Wärmegenießen können, die gerade von Salem Händen ausging. Menschliche Wärme und Nähe, ein klein wenig Zärtlichkeit und Geborgenheit. All das, was man ihm die letzten Jahre geraubt und entsagt hatte. Tief durchatmend sah er auf und erwiderte flüchtig das Lächeln und nickte dann erneut. „Danke...das ist alles...sehr nett...ich hab das gar nicht verdient...und drei mal klopfen, richtig? Und...die Hunde...die tun auch wirklich nichts, wenn du draußen bist?“ Ein wenig machten sie ihm durchaus noch angst. Carney trug einige Bissspuren am ganzen Körper und Salems Hunde waren allesamt ziemlich große Exemplare, was nicht gerade zu Carney Beruhigung beitrug. „Die...die bleiben da, wo sie sind, ja?“ Zitternd löste er die Finger von Salems Hand und zog die Decke schaudernd fester um sich, sich wieder um seine Wärmflasche kuschelnd und die Beine an den Körper ziehend. Mit den Hunden alleine bleiben würde eine Überwindung werden und... auch alles danach. Das Versorgen seiner Wunden. Ihm wurde unwohl bei dem Gedanken, auch wenn Salem ihm bereits zugesichert hatte, nichts zu tun, was er nicht wollte und ihm selbst die …. speziellen Stellen versorgen zu lassen. „Ich schaffe das...ich schaffe das schon...irgendwie...also..gehst du jetzt raus..nach drei mal Klopfen kommst du rein...ist in Ordnung.“ murmelte Carney vor sich hin und wappnete sich dann. Salem wäre nur ganz kurz weg und wenn einer der Hunde sich rührte, dann musste er nur laut rufen. So schlimm würde das sicher nicht werden.. |
| | | Gesponserte Inhalte
| Thema: Re: Der Wolf und das Reh | |
| |
| | | |
| Befugnisse in diesem Forum | Sie können in diesem Forum nicht antworten
| |
| |
| |
|